Streichkonzert in der Provinz

Auch kleinere Verlage bauen Stellen ab / Beispiel „Nordsee-Zeitung“

Auch mittelständische Regionalzeitungen betätigen sich derzeit gerne als Arbeitsplatzvernichter. Dabei sind sie nach Ansicht von Branchenkennern in der Regel weniger stark von der Werbeflaute betroffen als die überregionalen Blätter. Ein Beispiel aus Nordwestdeutschland: die „Nordsee-Zeitung“ (NZ) in Bremerhaven.

Nach Einschätzung von Gewerkschaftern steht der NZ-Verlag trotz Abonnenten- und Anzeigeneinbußen auf einer „gesunden Finanzierungsbasis“. Dennoch will das Familienunternehmen jetzt so schnell wie möglich etwa 60 seiner 450 Stellen streichen. Wie Verlagsleiter Peter Döll auf Anfrage bestätigt, solle rund die Hälfte davon durch Vorruhestand oder Altersteilzeit abgebaut werden. Etwa 15 Stellen würden durch Arbeitszeitreduzierung in einigen Abteilungen eingespart. Am Ende blieben dann noch „15 bis 20, die wir eventuell nicht auffangen können“ – heißt also: Entlassungen. Das sei aber nur eine „erste vorsichtige Einschätzung“, sagt der Verlagsleiter, denn die „Feinplanung“ sei noch nicht abgeschlossen. Ziel sei eine „Prozess-Optimierung“, erläutert Döll das Streichprogramm. „Wir werden aber alles daran setzen, das so sozialverträglich zu lösen, wie es die Maxime unseres Hauses ist.“

In der Tat hat sich der Verlag nach Ansicht von ver.di bei früheren Sparaktionen „recht kooperativ“ verhalten und Sozialpläne oder einen Interessenausgleich vereinbart. Diesmal allerdings sei zu befürchten, „dass er das möglichst schnell durchziehen will“ – ohne Vereinbarungen.

Was der Verlag allerdings nicht offen legt, ist seine Finanzlage: Auf die Frage von „M“, ob das Unternehmen nicht immer noch schwarze Zahlen schreibe, verweigert Döll die Auskunft. Unterdessen droht auch der Belegschaft der „Nordwest-Zeitung“ im benachbarten Oldenburg ein deftiger Stellenabbau. Denn auch hier waren kürzlich Unternehmensberater am Werk. Und das verheißt selten Gutes.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

KI-Lösungen: Heise macht es selbst

Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.
mehr »

Audiodeskription: Die KI liest vor

Die Hälfte der öffentlich-rechtlichen Sender verwendet inzwischen auch synthetische oder mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Stimmen, um für Fernsehformate Audiodeskriptionen zu erstellen. Das ergibt sich aus Nachfragen von M bei den neun ARD-Landesrundfunkanstalten und beim ZDF. Neben professionellen Sprecher*innen setzen der MDR, WDR, NDR, Radio Bremen und das ZDF auch auf synthetische oder KI-Stimmen für die akustische Bildbeschreibung.
mehr »

Lokaljournalismus: Die Wüste droht

Noch sei es nicht so weit, aber von einer "Steppe" könne man durchaus schon sprechen, sagt Christian Wellbrock von der Hamburg Media School. Wellbrock ist Leiter von "Wüstenradar", einer Studie, die zum ersten Mal die bundesweite Verbreitung und zahlenmäßige Entwicklung von Lokalzeitungen in den letzten 30 Jahren unter die Lupe genommen hat. Sie erhebt, wie stark der Rückgang lokaler Medien inzwischen tatsächlich ist und warnt: In etlichen Regionen droht tatsächlich die Verbreitung von "Nachrichtenwüsten".
mehr »