Sie ist eines der traditionsreichsten und größten Verlagshäuser: die DuMont Mediengruppe in Köln. Es fragt sich nur: Wie lange noch? Bis zum Tod von Alfred Neven DuMont vor vier Jahren schien eine Abkehr vom Kerngeschäft undenkbar. Jetzt wollen die Erben sämtliche Zeitungstitel veräußern. Kein Wunder also, dass die von ver.di in der Domstadt veranstaltete öffentliche Diskussionsrunde „Zukunft der Kölner Zeitungen“ letzten Freitag großes Interesse fand.
Der erste Paukenschlag erfolgte vor zwei Wochen: DuMont verkaufte Berliner Zeitung und Kurier an ein Unternehmerehepaar. Auch für die Hamburger Morgenpost haben sich jetzt offenbar Interessenten gefunden. Aber das ist erst der Anfang. Insbesondere die Belegschaft am Stammsitz in Köln ist beunruhigt. „Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Sorge, weil solch ein Verkauf, verbunden mit einem Eigentümerwechsel, immer auch Stellenabbau bedeutet.“ So schilderte der stellvertretende Vorsitzende der dju in ver.di Peter Freitag zur Begrüßung der rund 200 Interessierten die Situation. Über 3000 Menschen sind für den Konzern und seine Töchterunternehmen in der Region tätig.
Was wird aus ihnen, wenn eines der größten Medienunternehmen kein Medienunternehmen mehr sein möchte, sondern sich zukünftig nur noch auf „Marketing Technology“ und „Business Information“ konzentrieren möchte?
Die Gemengelage ist dabei klar: Junge Menschen gehen als Leser*innen verloren, die Umsonst-Kultur im Internet sowie der digitale Wandel untergraben das Geschäftsmodell, wobei Einsparungen in den Verlagen zu einem Qualitätsverlust führen, der die Abwärtsspirale noch weiter verstärkt. „Als ich anfing, haben 30 Korrektoren bei uns gearbeitet, jetzt sind es noch zwei“, gab der Betriebsratsvorsitzende bei DuMont Schauberg Heinrich Plaßmann ein Beispiel für diese Entwicklung. Er ergänzte: „Wir können uns einfach nicht vorstellen, dass dieses stolze Verlagshaus nicht mehr existieren soll.“ Für ihn ist eine Lösung denkbar, wie sie bei den Beschäftigten in der Braunkohlewirtschaft durchgeführt wird: „Die, die gebraucht werden, sollen bleiben, und alle die, die nicht mehr gebraucht werden, sollen erhobenen Hauptes den Verlag verlassen dürfen.“
Die Politik beobachtet die Vorgänge ebenfalls genau. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker etwa, die am Freitag einen Auslandstermin wahrnehmen musste, wünschte sich in ihrem Videogrußwort mindestens eine, am besten aber mehrere Lokalzeitungen für die Metropole am Rhein. Parallel dazu betonte Bezirksbürgermeister Andreas Hupke die Bedeutung der Zeitung als „vierte Macht“. Und auch die Landesregierung in Düsseldorf sei auf die Problemlage aufmerksam geworden.
„Es war keine Überraschung, als die Verkaufsabsichten offenbar wurden“, bekannte der ehemalige, langjährige Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers Peter Pauls, „aber es ist gar keine Frage, dass es eine lokale Berichterstattung geben kann und muss“. Eine „gute“ Zeitung sei Humus für Demokratie, Kultur und soziales Miteinander. Pauls verwies auf den renommieren Wächterpreis, der investigativen Journalismus auszeichnet und in der Regel stets Lokalzeitungen ehrt: „Das Internet bringt nicht die verlässlichen Informationen. So etwas wie der ‚Fall Relotius‘ könnte in einer Lokalzeitung nicht passieren, weil die Leser stets als Korrektiv agieren.“
Plaßmann wies zudem darauf hin, dass der Kölner Stadt-Anzeiger mit 235.000 Abonnent*innen immer noch schwarze Zahlen schreibe: „Vor 30 Jahren lagen die Renditen bei 25 Prozent, aber müssen die Renditen so hoch sein? Die Eigentümer sollten gemeinsam mit der Belegschaft den Rückgang managen.“
Noch deutlicher wurde Freitag: „Man sagt uns die aktuellen Zahlen nicht, aber wir glauben, dass sich die Rendite immer noch im oberen einstelligen Bereich befindet. Früher haben sie das Geld mit dem LKW weggefahren, jetzt ‚nur noch‘ mit der Schubkarre. Aber das ist ihnen zu wenig.“
Für Ex-Chefredakteur Pauls war das eine zu vereinfachte Sicht, denn ein hochtechnisiertes Unternehmen wie DuMont müsse hohe Investitionen vornehmen, beispielsweise vor einiger Zeit für eine Druckmaschine, die 40 Millionen Euro gekostet habe.
Wie die Zukunft der Kölner Zeitungen aussieht, musste allerdings auch an diesem Abend offenbleiben. „In Städten, wo es nur eine Zeitung gibt, sehen wir, dass die Wirtschaft dort sehr unzufrieden ist“, berichtete Ulrich Soénius, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Köln, doch mit Blick auf mögliche Käufer aus der Region gab er zu bedenken: Jeder der investiert, will auch ein Reinvest erzielen. Der Pressemarkt verändert sich weltweit, das wissen auch die Kölner Unternehmer.“