Zum Nulltarif für Reichweite

Kann man von der Hoffnung auf Erfolg leben? Vor dieser Frage stehen Autorinnen und Autoren, wenn sie darüber entscheiden, ob sie für die Huffington Post Deutschland schreiben. Denn Honorar gibt es nicht. Das Geschäftsmodell beruht auf dem Tauschgeschäft Nulltarif gegen Reichweite.


In den USA startete die „HuffPo“ vor acht Jahren mit einem respektablen Denkansatz. Linksliberale Stimmen sollten ein mächtiges Forum bekommen, um der rechten Meinungsmache im Dienste des Präsidenten George W. Bush zu begegnen. Das Projekt funktionierte, doch mit dem Idealismus der Namensgeberin Arianna Huffington war es vorbei, als ihre Online-Zeitung für 315 Millionen Dollar an AOL verkauft wurde. Die bloggenden Gratis-Arbeiter/-innen, die Urheber des Erfolgs, gingen leer aus.

In Deutschland ist die Huffington Post an den Burda Verlag angedockt. Und dort täuscht man höhere Ziele gar nicht erst vor. Innerhalb von zwei Jahren wolle man mit dem Produkt Geld verdienen, hieß es zum Start im Oktober. Was freilich nicht für alle Beteiligten gilt. Agenturen und Redaktionsmitglieder werden bezahlt. Freie Autorinnen und Autoren hingegen steuern ihre Artikel gegen das Versprechen bei, dass ihnen durch eine Präsenz auf dieser Plattform eine Reichweite winkt, die sie ansonsten nirgendwo bekämen. Bei seiner Mutation zum Inhalte-Schnorrer langt der reiche Verlag richtig zu. Seine Lieferanten müssen alle Vermarktungsrechte abgeben und sich selbst kümmern, falls es wegen eines Beitrags rechtliche Probleme geben sollte. Einziges ideelles Ziel der deutschen Huffington Post ist also das bedingungslose Grundeinkommen für Verleger.

Daran mitwirken sollten wir nicht. Denn der Erfolg von Medienprodukten hängt immer noch von den Beiträgen ihrer klugen Köpfe ab. Und nicht von der technischen Infrastruktur oder von einem hochmodernen Redaktionssystem. Und: Autorinnen und Autoren sollen von ihrer Arbeit leben können. Es ist nur recht und billig, dass Menschen, die an einem Produkt mitwirken, an der damit erzielten Wertschöpfung beteiligt werden. Man nennt es soziale Marktwirtschaft. Oder auch: Respekt und Anstand.

Klaus Schrage ist Betriebsratsvorsitzender bei der Nürnberger Presse und als Blogger „Hirndübel“ aktiv.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Inhalte brauchen Moderation

Theresa Lehmann ist Tiktok-Expertin bei der Amadeu Antonio Stiftung. Sie leitete das Modellprojekt pre:bunk, das zum Ziel hatte, Jugendliche mit Videoformaten zu Desinformation auf TikTok zu sensibilisieren. Mit M sprach sie über Regulierung, Verbote und Gefahren von Social Media.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch

Der Journalist Georg Restle ist seit 2012 Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor in der ARD. Der studierte Jurist tritt für einen „werteorientierten Journalismus“ ein. Mit M sprach er über Fakenews, Fehlerkultur und journalistische Resilienz.
mehr »