Leserbrief: Was ist daran falsch oder frauenfeindlich?

M 8.2013 „Wir sind Programm“

Nachdem ich den oben genannten Beitrag (zu den Rundfunk-Frauen und der Vergabe der „Sauren Gurke“ an einen Tatort, Red.) gelesen hatte, ging mir dann doch der Hut hoch! Ich habe den inkriminierten Tatort auch gesehen und fand ihn besser als zunächst befürchtet.

Einige Unstimmigkeiten im Handlungsablauf, so schläft die weibliche Hauptrolle in einem Bett, dass die eine männliche Hauptrolle erst 20 Filmminuten später zusammenschraubt, der Fluchtweg des Tunichtguts am Anfang ist auch nicht schlüssig erklärbar etc. pp., gibt es wohl, ansonsten war das nicht unbedingt eine Sternstunde des Genres, aber eine solide Arbeit.
Was mich besonders aufregt, ist die Begründung der Jury, die alles, was eigentlich in ihrem Sinne positiv zu Buche schlagen müsste, ins Gegenteil verkehrt. Die beiden Lümmel mit Beamtenstatus haben eine herrische Vorgesetzte. Oh weia! Hilfe Klischee! Wenn eine Frau Vorgesetzte ist, dann muss sie herrisch sein? Sie bläst ihren zwei Chaoten gelegentlich den Marsch, lässt aber durchblicken, dass sie doch auf sie zählt und setzt sich für sie ein. Was ist daran falsch oder gar frauenfeindlich? Die andere männliche Hauptrolle wird von einer in ihrem Ego verletzten Frau buchstäblich auf die Bretter gehauen. Frauen sind stark und können sich wehren. Hier tut sie es – auch nicht richtig? Zum Thema Hure nur noch soviel: Je mehr Frauen es schaffen, in höhere Positionen aufzusteigen, umso größer wird die Nachfrage nach männlichen Prostituierten. Prostitution ist nämlich nicht Ausdruck eines Geschlechterverhältnisses, sondern Spiegelbild der gesellschaftlichen Machtverhältnisse! Reiche und erfolgreiche Frauen halten sich junge und schöne Männer. Dass das Mordopfer an seinem Tode selbst schuld sein soll, habe ich so nicht wahrgenommen, diese Interpretation hat die „Jury“ exklusiv. Es hat sich mir auch nicht erschlossen, wer die „Heilige“ gewesen sein soll.

Was ich an dem Film ernsthaft zu kritisieren habe, ist vielmehr, dass der verdächtige Professor deshalb die Dienste des horizontalen Gewerbes bemüht, weil er angeblich mit seiner behinderten Frau keinen Sex haben könne. Das ist mal ein Klischee, gegen das man zu Felde ziehen sollte.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Inhalte brauchen Moderation

Theresa Lehmann ist Tiktok-Expertin bei der Amadeu Antonio Stiftung. Sie leitete das Modellprojekt pre:bunk, das zum Ziel hatte, Jugendliche mit Videoformaten zu Desinformation auf TikTok zu sensibilisieren. Mit M sprach sie über Regulierung, Verbote und Gefahren von Social Media.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch

Der Journalist Georg Restle ist seit 2012 Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor in der ARD. Der studierte Jurist tritt für einen „werteorientierten Journalismus“ ein. Mit M sprach er über Fakenews, Fehlerkultur und journalistische Resilienz.
mehr »