Union Busting: Die Naujoks-Methode

Justitia Foto: Hermann Haubrich

Der Rechercheverbund aus WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) hat nach einer monatelangen Recherche die Methoden des Arbeitsrechtsanwalts Helmut Naujoks offengelegt, Autor des Buchs „Kündigung von ‚Unkündbaren’“ und unter Betriebsräten und Gewerkschaftern als „Rausschmeißer“ oder „Betriebsratskiller“ bekannt. Die Recherche zeigt, dass organisiertes Union Busting mittlerweile auch in Deutschland längst Realität ist.

Auf die Spur gekommen waren die Journalist_innen des Rechercheverbunds dem Arbeitgeberanwalt Naujoks dank eines Detektivs, den nach eigener Aussage das schlechte Gewissen plage und der nun ausgepackt hat. Wie die SZ berichtet, habe dieser in mehr als einem Dutzend Unternehmen durch Fallen, Tricks und Lügen dazu beigetragen, dass unliebsame Mitarbeiter_innen, in den meisten Fällen Betriebsrät_innen, ihre Posten im Betriebsrat verloren oder sogar gekündigt wurden. Dabei habe er wiederholt mit Anwalt Helmut Naujoks zusammengearbeitet, dessen Mitwisserschaft und Beteiligung an den illegalen Methoden die Rechercheure des Verbunds unter anderem auch durch diverse Dokumente wie etwa E-Mails belegen konnten.

Beteiligt an der Recherche war aufgrund seiner Erfahrungen mit Naujoks auch Hans-Martin Wischnath von der DGB Rechtsschutz GmbH. Laut Wischnath sei das Perfide an Naujoks Vorgehen, dass es nicht auf Erfolg vor Gericht ausgelegt sei, sondern statt juristischer Argumentation auf eine Zermürbungstaktik setze. So würden etwa immer neue Kündigungen und Schadenersatzklagen mit horrenden Summen, bevorzugt an die Privatadressen der Betroffenen, zugestellt, erläuterte er gegenüber der SZ.

Wie die Recherche außerdem zeigt, sind solche Fälle von gezieltem Vorgehen gegen Betriebsrät_innen und unliebsame Mitarbeiter_innen bei weitem keine Einzelfälle, sondern offenbaren eine Methode, die auch in Deutschland längst zum System geworden ist. Doch das Problem sei, so der Fachanwalt für Arbeitsrecht Peter Hjort in der SZ, dass die meisten Fälle von Union Busting gar nicht erst bekannt würden, weil die Betroffenen es aus Angst unterlassen, sich einem Anwalt anzuvertrauen oder sich an die Öffentlichkeit zu wenden.

Menschen Machen Medien und DRUCK+PAPIER hatten über solche Praktiken unter anderem bei der Mittelbayerischen Zeitung und dem zugehörigen Druckzentrum Regensburg berichtet. Auch die Initiative work-watch recherchiert, gibt Hilfen für Betroffene und dokumentiert laufend Fälle von Mobbing und Union Basting.


Die Beiträge des Rechercheverbunds:

Filmbeitrag von Panorama „Die Rausschmeißer: Feuern um jeden Preis“ aus der Reihe EXCLUSIV IM ERSTEN. Hier in voller Länge.

Kündigung unliebsamer Mitarbeiter – Fertiggemacht vom eigenen Chef (Artikel in der Süddeutschen Zeitung) auf sueddeutsche.de

Beitrag „Arbeitsunrecht – Firmenchefs stellen ihren Mitarbeitern Fallen oder spähen sie aus. Bevorzugte Opfer: Betriebsräte. Ein paar seltene Einblicke in das Verhältnis von Oben und Unten in Deutschland“ aus Süddeutsche Zeitung DIE SEITE DREI von Dienstag, 4. Juli 2017

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Keine Auskunft zu Pegasus

Auch Onlinemedien fallen unter die vom Grundgesetz gedeckte Pressefreiheit. Das erkannte das Bundesverwaltungsgericht  erstmals an. Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz- und Rechercheplattform FragDenStaat, hatte nach Presserecht vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Nun erkannte das Gericht grundsätzlich an, dass Presseauskunft Onlinemedien genau so wie Printmedien erteilt werden muss. Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist aber nicht verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte über den Erwerb und Einsatz der Software "Pegasus" zu erteilen.
mehr »

SWR lehnt Vergleich mit Regisseur ab

Vor dem Arbeitsgericht Stuttgart fand gestern der Gütetermin im Kündigungsschutzverfahren des Regisseurs Joachim Lang gegen den SWR statt. Der Sender hatte ihm am 11. Juli betriebsbedingt gekündigt. Begründet wurde die Änderungskündigung mit dem Sparkurs des Senders, der „angeblich“ keine weiteren Spielfilme vorsieht. Dies, obwohl der SWR laut Staatsvertrag verpflichtet ist, Spielfilme herzustellen. Zum gestrigen Termin vor dem Gericht hat der Sender keine Kompromisse angeboten. Damit kommt es nun zum Kammertermin mit einem Urteil.
mehr »

Neues Urteil gegen Kieler Nachrichten

Schlappe für den Verlag der Kieler Nachrichten: Das Landgericht Flensburg hat untersagt, dass der Verlag in Verträgen mit hauptberuflich freien Journalist*innen unzulässige Klauseln vereinbart. Erneut geklagt hatten der Deutsche Journalisten-Verband und die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Zukünftig darf die Kieler Zeitung Verlags- und Druckerei KG-GmbH & Co. die Klauseln nicht mehr nutzen, da sie unklar und unverständlich sind und die freien Mitarbeiter unangemessen benachteiligen.
mehr »

Niederlage für Google und Apple

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zwei weitreichende Urteile gegen Tech-Riesen gefällt. Die Richter*innen bestätigten eine Geldbuße gegen Google von 2,4 Milliarden Euro. Zudem muss Apple 13 Milliarden Euro Steuern nachzahlen.
mehr »