EU segnet Anti-SLAPP-Gesetz ab

Das EU-Parlament in Straßburg. Foto: European Union/EP Louise WEISS building/Architecture Studio

Das Europäische Parlament stimmte in Straßburg mit großer Mehrheit für die sogenannte Slapp-Richtlinie. 546 Parlamentarier*innen stimmten für das Gesetz, 47 dagegen und 31 enthielten sich. Die Regelung soll Einzelpersonen und Organisationen, die sich mit Angelegenheiten von öffentlichem Interesse wie Grundrechten, Korruptionsvorwürfen und dem Kampf gegen Desinformation befassen, vor missbräuchlichen Klagen schützen. Jetzt muss die EU-Richtlinie am 19. März durch den Europäischen Rat bestätigt werden. Danach haben die 27 EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.

„Wir fordern eine rasche Umsetzung der Richtlinie. Dies ist wichtig für die Pressefreiheit und die Demokratie“, sagte Tina Groll, dju-Bundesvorsitzende. Mit der neuen Richtlinie können sogenannte SLAPP-Klagen („Strategic Lawsuit against Public Participation“) mit grenzüberschreitendem Bezug unterbunden werden. Zweck solcher Verfahren ist, die Gegner*innen durch langwierige und teure Prozesse einzuschüchtern und eine kritische Öffentlichkeit für bestimmte Sachverhalte zu verhindern.

Einschüchterungsklagen erschweren

Ziel der Richtlinie ist es, Personen und Organisationen zu schützen, die in Bereichen wie Grundrechte, Umwelt oder Bekämpfung von Desinformation und Korruption tätig sind. Offensichtlich unberechtigte Klagen gegen sie sollen schneller abgewiesen werden können. Kläger*innen müssen nachweisen, dass ihre Vorwürfe stichhaltig sind. Gerichte können die Kläger verpflichten, die Kosten für die Verteidigung des Beklagten zu übernehmen.

Medienschaffende und Aktivist*innen, die sich für Angelegenheiten von öffentlichem Interesse einsetzten, sollten ohne Angst und Gefahr von rechtlicher Einschüchterung arbeiten können, sagte Groll.

Anspruch auf Schadensersatz

Künftig sollen Opfer solcher Klagen auch Anspruch auf Schadenersatz haben. In jedem EU-Mitgliedsland soll eine zentrale Anlaufstelle den Betroffenen finanzielle und psychologische Unterstützung gewähren. Rechtskräftige Urteile über abgewehrte Einschüchterungsklagen sollen leicht zugänglich gemacht werden. Die Richtlinie sieht auch vor, Verurteilungen, die in Nicht-EU-Staaten im Rahmen missbräuchlicher Verfahren erfolgten, innerhalb der Union nicht anzuerkennen.

Ein „Gesetz für Daphne“

Ein Beispiel dafür war Daphne Caruana Galizia, eine maltesische Journalistin, die über Korruption in Regierungskreisen berichtete und letztlich mit einer Autobombe ermordet wurde. Zum Zeitpunkt ihrer Ermordung liefen 43 Einschüchterungsklagen gegen sie.

„Die dju in ver.di wird sich auch weiter dafür einsetzen, dass die vorgesehenen Instrumente, Hilfsangebote und Verfolgungsstellen auch tatsächlich und zeitnah eingeführt werden, damit diese Richtlinie nicht ein zahnloser Tiger bleibt“, fordert Groll

Weitere aktuelle Beiträge

ÖRR und AfD: Normalisierung statt Strategie

Die aktuelle Debatte um das ARD-Sommerinterview mit der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel zeigt deutlich: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat keine klare Idee, wie er mit der, laut Verfassungsschutz, gesichert rechtsextremistischen Partei umgehen soll. Sender-Verantwortliche regen sich über „Störer“ auf, anstatt zu hinterfragen, ob es eine gute Idee ist, der AfD immer wieder eine Plattform zu bieten. Eine konkrete Nachfrage bei ARD und ZDF offenbart: Es gibt keine Strategie, die nicht der Normalisierung der AfD Vorschub leistet.
mehr »

„Von Wertschätzung meilenweit entfernt“

Der Juli ist Urlaubszeit, aber auch Verhandlungszeit. Nach zehn zähen Verhandlungsrunden mit den Zeitungsverlegern und mehrfachen Warnstreiks, hat die dju in ver.di endlich einen Abschluss für Tausende von Journalisten in ganz Deutschland erreichen können. Einer der beim Tarifvertrag mitverhandelte, ist Peter Freitag, Co-Vorsitzender der dju in ver.di und Redakteur für Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau.
mehr »

Ver.di macht Druck bei TikTok

In der Auseinandersetzung um die Kündigungen der Content-Moderator*innen versucht TikTok nach Einschätzung von ver.di Fakten zu schaffen und zieht nun vor Gericht. Der Arbeitgeber forciert ein gerichtliches Verfahren gegenüber dem Betriebsrat, das nach Einschätzung von ver.di dazu dient, möglichst schnell Kündigungen aussprechen zu können. Bisher hat TikTok den Beschäftigten und dem Betriebsrat Angebote vorgelegt, die diese als unzureichend bewerten.
mehr »

NIUS: Eine Bühne für rechte Hetze

Der ehemalige „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt inszeniert sich seit zwei Jahren auf der Krawall-Plattform „Nius“ als Kämpfer gegen alles vermeintlich oder tatsächlich Linke, Woke, gegen „verlogene Eliten“ und als Gegenpol gegen den verhassten Berliner Hauptstadt-Journalismus.
mehr »