Mehr Fotos von Ernst August

Bundesverfassungsgericht gibt Zeitschriften Recht

„Werden brutale Männer mehr geliebt“, fragte vor drei Jahren die Zeitschrift „Bildwoche“ und spielte auf einen Vorfall an, bei dem Prinz Ernst August von Hannover einem Kameramann mit seinem Regenschirm das Nasenbein zerschlug. Per Gerichtsbeschluss ließ der Prinz verbieten, dass zu diesem Artikel ein Foto seiner Person abgebildet wird. Das Bundesverfassungsgericht hob das Urteil nun nach einer Klage der „Bildwoche“ wieder auf.

Der Prinz hatte sich darauf berufen, dass er keine „absolute Person der Zeitgeschichte“ sei. Er dürfe daher nur abgebildet werden, wenn er Prinzessin Caroline begleite oder wenn er als „relative Person der Zeitgeschichte“ bei Aufsehen erregenden Vorfällen fotographiert wurde (siehe oben bei der Fotografenschelte). Die „Bildwoche“ hatte ihren Artikel aber mit einem neutralen Foto von Ernst August illustriert, das ihn ohne Caroline im Smoking zeigt. Hier werde das Persönlichkeitsrecht des Prinzen verletzt, entschied ein Hamburger Zivilgericht.

Das fand Karlsruhe nun etwas zu schematisch und gab der Verfassungsbeschwerde der „Bildwoche“ statt. Wenn Ernst August die Veröffentlichung eines Prügel-Bildes hätte hinnehmen müssen, so die Argumentation, dann könne er auch die Verwendung eines „neutralen“ Fotos nicht verhindern. Zwar hat Ernst August in dieser Frage verloren, die Richter glauben aber, dass er letztlich von der Karlsruher Entscheidung profitieren dürfte. Denn wenn der Abdruck von neutralen Fotos erleichtert wird, verringert sich für die Presse auch der Zwang, ständig neue, top aktuelle Bilder präsentieren zu müssen. Dadurch könnten auch, so tröstete das Gericht, die „vielfach beklagten erheblichen Belästigungen durch Pressefotografen“ gemildert werden.

Noch in einem weiteren Verfahren verlor Ernst August in Karlsruhe. So darf der Prinz auch dann allein auf einem Foto gezeigt werden, wenn durch den Kontext – insbesondere durch andere Fotos – klar ist, dass es um eine „Begleitsituation“ geht.

Nur in einem Fall bekam Ernst August Recht. „Hat ein deutscher Prinz das Herz der schönen Caroline erwärmt“ spekulierte die „Neue Revue bereits“ 1996 und druckte ein Portraitfoto des Hannoveraners ab. Das durfte sie nicht, fand auch das Verfassungsgericht, weil zu diesem Zeitpunkt weder Fakten noch gemeinsame Fotos auf dem Tisch lagen. Eine bloße Spekulation sei eben noch kein „Ereignis der Zeitgeschichte“, erläuterte Karlsruhe. Allenfalls hätte der Artikel mit einem Foto der Prinzessin bebildert werden dürfen. (Az: 1918/98 u.a.)

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Österreichs Rechte greift den ORF an

Eines muss man Herbert Kickl lassen – einen Hang zu griffigen Formulierungen hat er: „Die Systemparteien und die Systemmedien gehören zusammen, das ist wie bei siamesischen Zwillingen,“ sagte der FPÖ-Spitzenkandidat auf einer Wahlkampfveranstaltung im September. „Die einen, die Politiker, lügen wie gedruckt, und die anderen drucken die Lügen. Das ist die Arbeitsteilung in diesem System“. Seinen Zuhörenden legte Kickl mit seinen Worten vor allem eins nahe: Die rechte FPÖ könne dieses dubiose System zu Fall bringen oder zumindest von schädlichen Einflüssen befreien.
mehr »

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »

Klimajournalismus im Aufwind

Noch immer wird zu wenig über den Klimawandel und seine Folgen informiert. Daran tragen auch Medien eine Mitschuld. Das Netzwerk Klimajournalismus will  Klima-Wissen in die Redaktionen bringen und ermöglicht Austausch unter Journalist*innen und Medienschaffenden. Wir sprachen im M-Podcast mit Jürgen Döschner.
mehr »