Man wäre versucht, der Bundesregierung vorzuhalten, sie ruiniere den „Kultur- und Medienstandort Deutschland“ mit der geplanten „Modernisierung des Urheberrechts“ (Originalton Bundesjustizministerium). Doch diese nationalistische „Standort“-Schminke auf neoliberaler Ideologie ist allzu grässlich.
Der „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ verdeutlicht allemal, welche Politik in wessen Interesse hinter dem Begriffsnebel „Globalisierung – Modernisierung“ betrieben wird und mit welcher Einfalt politische Mandatsträger wie veröffentlichte Meinung darauf reagieren.
Heiß debattiert wurde die „Bagatellklausel“, die leichte Verstöße gegen das Urheberrecht – wie Privatkopien aus illegalen Tauschbörsen – straffrei stellen sollte und nun verschwunden ist. Die einen waren dafür, damit die „Schulhöfe nicht kriminalisiert“ werden, die anderen von der Firma „Raubkopierer sind Verbrecher“ natürlich dagegen. Die einen gaben sich bar jeglicher Kenntnis davon, dass sich die Strafjustiz ohnehin höchst selten (rund zwei Dutzend Strafurteile weist die Juris-Datenbank nach) um das Urheberrecht kümmert. Die anderen wollten nicht zugeben, dass es ihnen nur um die Dienste der Staatsanwaltschaft bei der Ermittlung der Rechtsverletzer geht und ihnen die fast routinemäßig folgende Einstellung des Strafverfahrens herzlich egal ist.
Das ist der laute Diskurs über zwei Raubzüge gegen die Kultur- und Medienwirtschaft insgesamt und gegen Urheber wie ausübende Künstler, der als Gesetzentwurf daher kommt.
Damit – erstens – die Elektronikbranche beim Handel mit überwiegend importierten Geräten Spielraum bekommt für Schnäppchenpreise und Extraprofite, soll die beim Kauf erhobene Vergütung für Privatkopien auf fünf Prozent des Gerätepreises gedeckelt werden. Die Vergütung für DVD-Brenner, mit denen 2005 dreimal mehr Filme als 2003 kopiert wurden, nämlich 112 Millionen, wird nach ersten Hochrechnungen um gut 40 Prozent fallen: Weniger Geld für immer mehr Kopien. Diese und andere „Modernisierungen“ kosten allein die Filmwirtschaft – Urheber wie Produzenten – einen satten zweistelligen Millionenbetrag. Filmförderung schwarz-rot! Bei Autoren und Verlagen sieht es kaum anders aus: Auch die Vergütungen auf Kopiergeräte sollen an fallende Gerätepreise gekoppelt werden. Im Elektronikladen bleibt Geiz geil.
Damit – zweitens – die Sache rund wird, sollen die Urheber noch einmal bluten: Was Ihnen seit 1966 an Rechten für unbekannte Nutzungsarten verblieben ist, soll rückwirkend demjenigen übertragen werden, dem sie seinerzeit die anderen wesentlichen Nutzungsrechte eingeräumt haben. Eine Enteignung über vierzig Jahre in die Vergangenheit zurück. Wahrscheinlich diskutiert niemand darüber, weil es einfach niemand glauben will!