BKA durchsucht heimlich Redaktionspost
„Die Aktion (…) zeigt, was heute rechtlich möglich ist in einem Land, das sich der Freiheit, insbesondere der Pressefreiheit, angeblich so verpflichtet fühlt“, giftet Carsten Erdmann, Chefredakteur der Berliner Morgenpost, am 9. November auf der ersten Seite. Die Empörung war in den Redaktionsstuben der Hauptstadt laut vernehmbar.
Das war geschehen: Briefe an vier Berliner Tageszeitungen, die in der Zeit zwischen dem 18. und 22. Mai des Jahres in „weißen Umschlägen im Format C6“ steckten und mit „selbstklebenden Briefmarken“ frankiert waren und zudem noch mit „selbstgedrucktem, ausgeschnittenen Adressenaufkleber“ versehen waren und keinen Absender enthielten, wurden vom Bundeskriminalamt (BKA) gefilzt. Die Merkmale sind in einem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 18. Mai 2007 zur Durchsuchung der Redaktionspost an den Tagesspiegel, die Berliner Zeitung, die Berliner Morgenpost und die BZ aufgelistet. Und in einem Vermerk des BKA über den Verlauf der Aktion heißt es, der Beschluss erlaube die Durchsicht sowie Beschlagnahme aller Briefe, „deren äußeres Erscheinungsbild aufgrund der bisherigen Ermittlung darauf schließen lässt, dass es sich bei den Inhalten dieser Briefe um Schreiben, speziell Selbstbezichtigungsschreiben (SBS) der ‚militante(n) gruppe (mg)’ handelt“.
Bei der Filzaktion im Briefverteilzentrum Berlin-Mitte wurden zwei verdächtige Briefe beschlagnahmt. Am Vorabend der Entscheidung des Bundestages über die Vorratsdatenspeicherung sagte Andreas Köhn, ver.di-Vizechef von Berlin-Brandenburg, das Vorgehen der Ermittler führe drastisch vor Augen, „wie der Informantenschutz komplett ausgehebelt wird“ und fragt, wie Journalisten ihre Informanten noch schützen sollen, „wenn Redaktionen nicht einmal von solchen heimlichen Durchsuchungen informiert werden.“ Und die dju-Bundesgeschäftsführerin Ulrike Maercks-Franzen möchte wissen, „was mit den anderen Informationen, die dem BKA in die Hände gefallen sind, passiert ist“.