Schneise durch den juristischen Dschungel

Zwölf Jahre hat es gedauert, bis die vierte bearbeitete und stark erweiterte Auflage (665 Seiten) dieses Standardwerks erschien. Zwölf Jahre, die in der Medienbranche eine kleine Ewigkeit bedeuten. Entsprechend spiegelt die Neubearbeitung vor allem die Veränderungen des Medienrechts im Gefolge von technischem Fortschritt, globaler Verknüpfung durch Satelliten und Internet sowie anderen Kommunikationsformen wider.

Längst hat sich die Rechtsprechung in diesem Bereich in ein komplexes Geflecht nationaler, internationaler und supranationaler Vorschriften verwandelt. 60 Experten des Medienrechts schlagen in 65 ausführlichen Beiträgen Schneisen in den juristischen Dschungel der unübersichtlich gewordenen Medienszene. Zu den teilweise recht prominenten Autoren zählen unter anderem Bundesverfassungsgerichtsrichter Udo di Fabio und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Unter 800 alphabetisch geordneten Schlagworten werden wie bisher die Rechtsverhältnisse in den klassischen Medien Presse, Rundfunk und Film gewohnt zuverlässig abgehandelt.

Allein das Schlagwort „Bundesverfassungs­gerichtsentscheidungen zum Medienrecht“ umfasst mittlerweile rund 40 Seiten – vom „Spiegel“– bis zum „Caroline“-Urteil. Verfasser ist Mitheraus­geber Walter J. Schütz, der Papst der deutschen Zeitungsstatistik. Neben Ex-RIAS- und Ex-NDR-Intendant Peter Schiwy verstärkt ein neuer Experte das bisherige Herausgebertandem: Dieter Dörr, Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung der Konzentrationskontrolle im Medienbereich (KEK). Er zeichnet verantwortlich für die beiden Felder, in denen er sich zuletzt am stärksten beruflich engagierte: das Europäische Medienrecht und die – am Beispiel der gescheiterten Fusion von Springer und ProSiebenSat.1 – Konzentrationskontrolle im Rundfunk. Neu hinzu getreten sind die Bereiche Multimedia und Internet, in denen detailliert die rechtlichen Voraussetzungen von Domains, Links, Chats und Mails. Fazit: Ein ungemein nützliches Nachschlagewerk sowohl für Medienfachleute als auch für Journalisten.

Schiwy / Schütz / Dörr (Hrsg.): Medienrecht. Lexikon für Praxis und Wissenschaft.

Carl Heymanns Verlag, 4. Auflage 2006, 79 Euro

Weitere aktuelle Beiträge

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »

Kampf um kritisches Profil: 80 Jahre FR

Gegründet 1945 von kommunistischen, sozialdemokratischen und katholischen Antifaschist*innen steigt die Frankfurter Rundschau (FR) in den 1960er Jahren zur prägenden linken Tageszeitung in der Bundesrepublik auf. Ihre Geschichten und Recherchen beeinflussen sogar die Regierungspolitik. Wie es später zu einer massiven Abwärtsspirale kam und mit welcher Hilfe sie aufgehalten wurde, zeichnet ein neues Buch von Claus-Jürgen Göpfert nach.
mehr »