Selbstständige sollen PC-Gebühren zahlen

Ungleichbehandlung gegenüber großen Unternehmen

Die Rechtslage ist geklärt. Erst mal: Mit einem Staatsvertrag hatten sich die Minis­terpräsidenten der Länder geeinigt, dass PCs mit Internetanschluss als „neuartige Rundfunkempfangsgeräte“ zu betrachten sind, für die die üblichen Rundfunkgebühren fällig werden – und zwar die Fernsehgebühr von 17,03 € im Monat. Diese Gebühr wird allerdings bis Ende 2006 großzügig nicht erhoben, „um die weitere Einführung neuer Kommunikationstechnologien zu erleichtern“.

Wenn aber ab 1. Januar 2007 die Gebühren erhoben werden, müssen fast nur Selbstständige zahlen – und auch von ihnen nur ein bestimmter Teil. Für Internet-PC in Unternehmen wurde die „Zweit­geräteregel“ eingeführt, die es schon für den privaten Bereich gibt und die besagt, dass für Zweitgeräte dann keine Gebühr fällig wird, wenn es schon ein bezahltes Erstgerät gibt. Für ein Unternehmen wie VW bedeutet das, dass ein einziger gebührenpflichtiger Fernseher im Vorstandsbüro ausreicht, um sämtliche PCs auf dem Werks­gelände in Wolfsburg – sicher eine fünfstellige Zahl – von der Gebührenpflicht zu befreien. Auch für eine Selbstständige, die zu Hause am PC arbeitet und schon einen (privaten) Fernseher angemeldet hat, greift die „Zweitgeräteregel“: Sie braucht keine zusätzliche Gebühr zu zahlen.
Für die große Zahl von professionellen Selbstständigen, die ein Büro, eine Werkstatt, ein Atelier oder einen anderen Arbeitsraum außerhalb ihres Wohngrundstücks haben und in diesem Raum keinen Fernseher angemeldet haben, bedeutet das hingegen, dass sie für ihren PC die volle (Fernseh-)Gebühr von 204,36 € im Jahr zahlen sollen, zusätzlich zur Gebühr für den privaten Fernseher.
Spiegel Online errechnet daraus für die GEZ zusätzliche Einnahmen von 160 Millionen im Jahr allein von Freiberuflern. Weil Großunternehmen dagegen weitgehend verschont bleiben, ist die Regelung für Frank Werneke, stellvertretender Vorsitzender von ver.di, „eine offenkundige Ungleichbehandlung zwischen einzelnen Freiberuflern und Großunternehmen“. Die Gewerkschaft werde im Rahmen ihrer Möglichkeiten „darauf hinwirken, dies zu ändern und für eine gerechte Verteilung der Lasten einzutreten“.
Ein weiteres Problem: Derzeit ist keines der öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme auch nur halbwegs kontinuierlich über das Internet zu empfangen. Die ARD sendet allein die Tagesschau, Tagesthemen, das Nachtmagazin und Harald Schmidt live über Internet, das ZDF gar nichts, und auch bei den Dritten Programmen kann man sich immer nur einzelne Sendungen zeitversetzt via Internet zeigen lassen. Eine volle Fernsehgebühr aber für ein Programm zu erheben, das gar nicht gesendet wird, klingt eher nach Willkür denn nach Recht.

 

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