Überwachungsskandal: BND-Gesetz ändern

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di wendet sich energisch gegen die Praxis des Bundesnachrichtendienstes (BND), ausländische Journalisten gezielt auszuspähen. Dieser Eingriff in die Pressefreiheit dürfte verfassungsrechtlich keinen Bestand haben. Das BND-Gesetz müsse entsprechend korrigiert werden.

Wie Der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, hat der Bundesnachrichtendienst offenbar seit Längerem weltweit zahlreiche Journalisten und Redaktionen, darunter die BBC und Reuters, überwacht.

In den Jahren ab 1999 hätten mindesten 50 Telefon- und Faxnummern von Journalisten und Redaktionen auf der Überwachungsliste des Auslandsgeheimdienstes gestanden, teilweise als eigene sogenannte Selektoren. Das soll mehr als ein Dutzend Anschlüsse der britischen BBC betreffen, darunter Korrespondenten etwa in Afghanistan, aber auch in der Zentrale in London. Außerdem seien ein Anschluss der New York Times in Afghanistan, Mobil- und Satellitentelefone der Nachrichtenagentur Reuters in Afghanistan, Pakistan und Nigeria sowie weitere redaktionelle Anschlüsse in Kuwait, dem Libanon, Indien und Nepal betroffen gewesen. Die BND-Suchbegriffe hätten sich dabei ganz gezielt auf Journalisten und Redaktionen gerichtet. Während Journalist_innen im Inland als Berufsgeheimnisträger durch das sogenannte G-10-Gesetz vor einem Abhören geschützt sind, gilt das für ausländische Medienschaffende und Redaktionen nicht. Das Thema hatte auch im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages eine Rolle gespielt, allerdings nur am Rande. „Reporter ohne Grenzen“ befürchtet, dass der BND trotz der aktuellen Enthüllungen ausländische Journalisten auch weiter abhören werde.

Dagegen wendet sich auch die dju in ver.di: „Nicht alles, was Recht ist, ist richtig. Und das Ausspähen ausländischer Kolleginnen und Kollegen ist ein Eingriff in die Pressefreiheit, der weder richtig ist noch verfassungsrechtlich Bestand haben sollte“, erklärt dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Hass. „Deswegen gehen wir mit anderen Verbänden auch gegen das neue BND-Gesetz vor, das eigentlich gedacht war, die Erfahrungen mit der NSA und dem ‚Ausspähen unter Freunden‘ in notwendigen Korrekturen  zu verarbeiten. Über die Frage, wer Freunde sind, herrschen dabei offenbar unterschiedliche Auffassungen.“

Die dju in ver.di gehört zu den Medienverbänden, die bereits im Zuge der Novellierung des BND-Gesetzes energisch forderten, dem Bundesnachrichtendienst die Datenerhebung bei allen Personen zu untersagen, die zur Zeugnisverweigerung berechtigt sind. Das sollte auch für ausländische Journalisten gelten.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nicaraguas bedrohte Medien

Die Diktatur des nicaraguanischen Präsidentenpaars Daniel Ortega und Rocio Murillo hat in den letzten Jahren immer mehr Journalist*innen ins Exil getrieben. Unter erschwerten Bedingungen berichten Menschen wie Lucía Pineda vom Nachrichtenkanal "100% Noticias" oder Wendy Quintero nun aus dem Ausland. Für diese Arbeit nehmen sie stellvertretend für viele andere am 26. November 2024 den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung entgegen.
mehr »

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »