Verrat von Privatem bleibt straffrei

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Ein Hintergrundgespräch über die Bremer „BAMF-Affäre“, bei dem die Staatsanwaltschaft Privatgeheimnisse über die ursprüngliche Hauptbeschuldigte Ulrike B. an Journalisten verraten hat, bleibt für die Ermittler*innen ohne strafrechtliche Folgen: Die Generalstaatsanwaltschaft Bremen hat ein Ermittlungsverfahren gegen die auskunftsfreudigen Beamt*innen jetzt eingestellt – mit einer  Begründung, die auf deutliche Kritik gestoßen ist.

Die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft richteten sich gegen den Chef der Bremer Staatsanwaltschaft, Janhenning Kuhn, und drei seiner Beamt*innen. Sie hatten sich im Frühjahr 2019 mit einem Journalisten von „Zeit Online“ getroffen und ihn mit persönlichen Informationen über die abgesetzte Bremer Außenstellenleiterin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Ulrike B., gespickt. Deren Verteidiger Johannes „Jonny“ Eisenberg erwirkte daraufhin beim Verwaltungsgericht Bremen eine Verbotsverfügung gegen die Staatsanwaltschaft: Sie dürfe keine Informationen über die Privatsphäre der Ex-Amtsleiterin an die Medien weitergeben.

Eisenberg erstattete außerdem Strafanzeige wegen „Verletzung von Privatgeheimnissen“ gegen die zunächst noch unbekannten Staatsanwält*innen. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich dann heraus, wer an dem Hintergrundgespräch beteiligt war, nämlich sogar der Behördenchef. Doch das Verfahren wurde jetzt eingestellt.

In ihrem Einstellungsbeschluss bestätigt die Generalstaatsanwaltschaft zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Ermittler*innen zu viel über die Privatsphäre von B. verraten haben. Doch für eine Anklage gegen die Ermittler*innen reiche das nicht aus, da unklar sei, „wem welcher Redebeitrag zuzuordnen sein könnte“ – also: wer genau was gesagt hat.

Nach Ansicht von Anwalt Eisenberg kommt es darauf allerdings nicht an: Die vier beteiligten Staatsanwält*innen hätten „gemeinschaftlich das Ausplaudern der Geheimnisse“ gewollt und müssten deshalb unabhängig vom einzelnen Tatbeitrag verfolgt werden, ähnlich wie im Falle einer gemeinsamen Körperverletzung. Die Generalstaatsanwaltschaft sieht dagegen keinen „gemeinsamen Tatentschluss zur Verletzung von Privatgeheimnissen“.

Eisenberg wirft den vier Staatsanwält*innen und dem „Zeit“-Journalisten vor, sich „wie Mafiosi“ verhalten zu haben. Sie hätten sich heimlich getroffen, um einen „vorverurteilenden und frauenfeindlichen Artikel“ über Ulrike B. zu veröffentlichen. Anschließend hätten sie „eine Mauer des Schweigens (Omerta)“ errichtet und gegenüber der ermittelnden Generalstaatsanwaltschaft die Aussage verweigert.

Wie der Anwalt weiter kritisiert, sei das Hintergrundgespräch auch presserechtlich unzulässig gewesen. Denn die Staatsanwaltschaft habe durch ihre heimlichen Auskünfte einem einzelnen Medium „massive Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Medien“ verschafft. Eisenberg wörtlich: „Es ist nach ständiger Rechtsprechung Behörden verboten, einzelne gefällige Medien zu bevorteilen.“

Eisenberg kann jetzt noch Rechtsmittel beim Oberlandesgericht einlegen, hat darüber aber noch nicht entschieden.

Das Strafverfahren gegen Ulrike B. wegen angeblich massenhaften Asylmissbrauchs wurde inzwischen gegen Zahlung von 10.000 Euro eingestellt. Dabei standen am Ende nur noch einzelne Randvorwürfe im Raum.


NACHTRAG vom 20. Oktober 2021:

Anwalt Eisenberg hat die Frist zum Einlegen von Rechtsmitteln verstreichen lassen. Bereits im September hatte er angedeutet, dass ein sogenanntes Klageerzwingungsverfahren „sehr aufwendig“ wäre. Auf wiederholte Nachfragen zu seinem Vorgehen kam keinerlei Reaktion.

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