Der RBB räumte bereits schwerwiegende Fehler bei der Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ein. In einer internen Sondersitzung soll nun ein weiteres Vorgehen geklärt werden. Um den Aufklärungsprozess „konstruktiv zu begleiten“, habe der rbb-Programmausschuss für kommenden Montag eine Sondersitzung einberufen, so der Sender. Darin soll es offenbar um die Ergebnisse des Untersuchungsberichts der Beratungsfirma Deloitte gehen.
Hintergrund ist eine grob fehlerhafte Berichterstattung des Senders über vermeintliche sexuelle Verfehlungen des Klägers. Eidesstattliche Erklärungen, auf die sich der RBB bezogen hatte, erwiesen sich als gefälscht. Zumindest eine Frau, die gegen Gelbhaar schwere Vorwürfe erhoben hatte, existierte gar nicht. Auf eine Überprüfung ihrer Identität hatte die Redaktion verzichtet – ein schwerer Verstoß gegen journalistische Standards wie Sorgfaltspflicht und sachliche Unvoreingenommenheit. Nachdem das aufflog, räumte der Sender Fehler ein und zog seine Berichte zurück. Da hatte Gelbhaar aber bereits einen aussichtsreichen Kandidatenplatz für die Bundestagswahl verloren.
Jetzt fordert der Bündnisgrüne vom RBB „eine hohe sechsstellige Summe“ Schadensersatz. Laut einem Bericht des „Business Insider“ soll es sogar um einen Betrag von bis zu 1,7 Millionen Euro gehen. Zwecks Schadensbegrenzung beauftragte der Sender Ende Februar die Beratungsfirma Deloitte und den Investigativ-Journalisten Stephan Wels mit einer umfassenden Aufarbeitung der Affäre. Festgelegte Kostenobergrenze: 60.000 Euro.
Externe Untersuchung
Der Umgang mit diesem Kasus ist im Sender nicht unumstritten. Warum eine kostspielige externe Untersuchung, so fragen nicht wenige. Lässt sich nicht anhand der üblichen Regeln journalistischer Qualitätskontrolle herausfinden, wer für dieses neue Desaster verantwortlich ist? Wo war RBB-Chefredakteur David Biesinger, wo die Justiziarin des Senders, als es um die Freigabe dieses unter dem Gesichtspunkt der Verdachtsberichterstattung diskutablen Beitrags ging?
Gegnern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liefert der Fall Gelbhaar wieder einmal Munition für Grundsatzkritik. Der Kasus stehe „längst stellvertretend für ein Mediensystem“, moniert etwa das Magazin Cicero, „in dem Sorgfaltspflichten, Unvoreingenommenheit, saubere handwerkliche Recherche und die Orientierung am Objektivitätsideal immer seltener werden“. Selbst wohlmeinende Beitragszahler*innen fürchten inzwischen, dieses toxische Gemisch aus desaströsen Finanzen, Altlasten und immer neuen Skandalen könnten den Sender dauerhaft schwächen.
Programmausschuss tagt außerordentlich
Als zuständiges Aufsichtsgremium wird also nun am kommenden Montag der Programmausschuss tätig. Der stellvertretende Vorsitzende Frank Feuerschütz betont: „In dieser Sitzung werden offene Fragen geklärt und die nächsten Schritte abgestimmt. Der Programmausschuss begleitet den Prozess und stellt sicher, dass alle relevanten Aspekte umfassend beleuchtet werden.“
Update 14.3.2025: Rücktritt der Chefetage des RBB
Die Programmdirektorin und der Chefredakteur des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Katrin Günther und David Biesinger, traten von ihren Posten zurück. Grund war die Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar, bei dem der Sender einer Betrügerin auf den Leim gegangen war, die den Vorwurf eines sexuellen Übergriffs erhoben hatte – die Vorwürfe waren aber erfunden wie die Identität der Frau selbst auch.