Der Rechte Rand

Es ist Absicht, dass im Impressum der in Hannover herausgegebenen bundesweiten Zeitschrift „Der Rechte Rand“ weder eine redaktionelle Adresse noch eine Telefonnummer stehen. „Bedrohung gehört zu unserem Alltag“, konstatiert Horst Zimmer von der Redaktion. Gegen Autorinnen und Autoren der „Informationen von und für AntifaschistInnen“ macht die rechte Szene nicht selten mobil.


Alle zwei Monate gibt es auf 32 Seiten Berichte, lange Hintergrundartikel, Einschätzungen und Kommentare zu Aktivisten und Strategien der extremen Rechten, zu revanchistischen Vertriebenen, völkischen Zeitungsprojekten, rassistischen Ansichten in verschiedenen gesellschaftlichen Strömungen, zu neofaschistischen Kameradschaften und Auslandsaktivitäten. „Im Stil klassischer Presseberichterstattung nehmen wir den rechten Rand unserer Gesellschaft in den Fokus und setzen uns mit Vorurteilen in einem großen Spektrum auseinander – bis hin zu Homophobie und Eugenik“, erläutert Zimmer. „Dabei führen wir die Rechten nicht vor, sondern stellen dar, was sie tun und wie antifaschistische Gegenwehr funktioniert.“
Das 1988 vom späteren Umweltminister Jürgen Trittin und langjährigen Bundesgeschäftsführer der VVN-BdA Klaus Harbart gegründete und von ihm bis zu seinem Tode 2005 geleitete „strömungsübergreifende“ Blatt bedient keine Klischees. „Bomberjacken, Springerstiefel als typische Merkmale der Neonazis? In München kommt keiner mehr so daher!“ Zimmer weiß, dass gerade die Optik des Blattes „eine bei jeder Ausgabe diskutierte Gratwanderung“ ist. Denn natürlich taucht auf den Fotos neonazistische und rassistische Symbolik auf, werden Protagonisten im entsprechenden Outfit und Umfeld abgebildet. „Aber wir wollen zeigen: So sehen sie aus“, begründet Zimmer.
Berichtet wird so oft wie möglich – manchmal geht es nur undercover – vom Ort des Geschehens. Das Netzwerk von Autorinnen und Autoren aus politischen Basisorganisationen, antifaschistischen Bewegungen, wissenschaftlichen Einrichtungen und von Journalisten funktioniert gut. Vielfältige Themen werden aufgegriffen, die so nirgendwo auftauchen – beispielsweise eine Reportage von der rechten Gedenkfeier für den Widerstand der Wehrmacht gegen die Befreiung Budapests durch die Rote Armee im Februar. Jede Ausgabe hat einen Schwerpunkt. Die 106. nahm sich kurz vor dem G8-Treffen des Themas „Nazis & Globalisierung“ an. Auch abstruse Verschwörungstheorien werden analysiert wie die, dass „Arier in Flugscheiben“ sich zum Kriegsende absetzten. Große Medienverlage halten sich den Rechten Rand fürs Archiv, zum Nachschlagen für ihre Fachredakteure.
Das achtköpfige Rechte-Rand-Redaktionsteam arbeitet ehrenamtlich – „unser Broterwerb liegt in anderen Jobs“, sagt Sozialpädagoge Zimmer. Nichtsdestotrotz wird auf Professionalität großer Wert gelegt – vom Layout bis zum Redigieren. Auch an die Autoren können keine Honorare gezahlt werden. Dennoch schreiben viele gern und gut für den Rechten Rand. Die 1.400 Stamm-Abos und der Verkauf der Zeitschrift in gut sortierten Buchläden decken die Porto- und Druckkosten für die nächste Ausgabe. Zimmer, für die Heftplanung und das Sekretariat verantwortlich, schätzt seinen unbezahlten Zeitaufwand auf durchschnittlich zehn Stunden wöchentlich. „Wir alle verstehen diese Arbeit als politisches Engagement und als Chance, Themen auf die Agenda zu setzen, die sonst ausgeblendet oder undifferenziert hochgekocht werden.“

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »