Schon entdeckt? oya

Die alternative Lebensgemeinschaft im mecklenburgischen Klein Jasedow zwischen Usedom und Anklam verdient ihr Geld mit Instrumentenbau, Musikunterricht, Übersetzungen und mit einem eigenen Verlag. Aus dem Oberbayerischen zogen mehrere Familien Ende der 90er Jahre hierher, um mitten zwischen Feldern und Wiesen das kleine Haufendorf mit alternativem Leben zu füllen. Seit fast drei Jahren wird hier in der Ruhe und Abgeschiedenheit „oya – anders denken, anders leben“ produziert. Die meisten Redaktionsmitglieder und Autoren sind zwar im Bundesgebiet verteilt, in Klein Jasedow aber laufen die Fäden für das fast 100 Seiten starke Magazin zusammen.

oyaDer ungewöhnliche Name geht auf Oya, die Göttin des Wandels bei dem nigerianischen Stamm der Yorùbá zurück. „Zudem bedeutet oya in dutzenden Sprachen etwas Positives. Das fanden wir so passend, dass wir den Namen einfach nehmen mussten“, verrät Herausgeber Johannes Heimrath.
Denn oya will Sprachrohr für diejenigen sein, die die Gesellschaft öko-sozial und friedlich verändern wollen. Themen sind etwa der Umbau der Städte zu umweltverträglichen „transition towns“, also die Gründung kleiner Wohneinheiten mit alternativer ressourcenschonender Lebensweise. Oder homeschooling: Beispiele von Eltern, die ihre Kinder nicht mehr in die staatliche Schule schicken, sondern Bildung zu Hause organisieren wollen. Oya besticht durch große Sorgfalt, Rechtschreibfehler sucht man vergeblich.
„Unser Magazin soll einen Aspekt der Verrücktheit ausdrücken. Daher haben wir eine subtile Verschiebung von 1,5 Grad eingebaut. Es gibt zum Beispiel kein Bild, kein Photo im Hauptteil, das vier rechte Winkel hat, sondern eine Seite muss immer um 1,5 Grad schräg sein“, verrät Heimrath. Auch das Heft-Format ist ungewöhnlich, größer als Din A-4 geht es über das erwartbare Maß hinaus. Oya will aber nicht eine Zeitung für die gutbürgerlich-grüne Mittelschicht sein.
„Oya wird mehr von den Selbermachern gelesen. Es geht nicht um den Konsum von Öko-Schick. Sondern wie lege ich meinen eigenen Garten an, wie stelle ich schlaue Dinge aus Recycling her, wie entsteht lokale Produktion aus lokalen Mitteln. Das ist ein deutlicher Unterschied zu Magazinen wie Landlust, wo Leute in Landphantasien schwelgen, ohne etwas grundsätzlich verändern zu müssen. Aber wie müsste eine gesunde Post-Wachstumsökonomie funktionieren? Oya stellt den gesamten westlichen Lebensstil in Frage“, sagt Chefredakteurin Lara Mallien.
Oya erscheint alle zwei Monate, ein Heft kostet 6 Euro. Diesen Preis zahlen aktuell fast 3.000 Abonnenten. Finanzielle Unterstützung bekommt die Redaktion von etwa 300 Genossenschaftlern mit einem Kapital von rund 100.000 Euro. Bald könne man sogar einen Gewinn erzielen, der in das Heft reinvestiert werden kann, heißt es in Klein Jasedow. Erklärtes Ziel sind 4000 Dauerabos. Das reicht! Zu einem massenkompatiblen Kioskmagazin möchte man gar nicht werden, denn es zählt allein der Netzwerkgedanke.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Top Tarifergebnis im Kino

In den Tarifverhandlungen mit der Kino-Kette UCI (United Cinemas International GmbH) wurde am 19. Februar 2024 ein Tarifergebnis erzielt, das an vielen Stellen die ver.di-Forderungen erreicht, so auch den Einstiegslohn von 14 Euro. In der anschließenden Befragung der Mitglieder bis zum 4. März gab es keinerlei Ablehnung. Somit beschloss auch die ver.di-Tarifkommission einstimmig die Annahme des Tarifergebnisses.
mehr »

Einschüchterungsversuche der Hohenzollern

Eine Studie der Universität Leipzig hat am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern untersucht, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte Anwaltsstrategien beeinflusst oder behindert werden sollen. Die Kommunikationswissenschaftler*innen haben dabei die Wirkung von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation) aus Sicht der Betroffenen nachvollzogen. Verunsicherung und Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sind direkte Folgen bei ihnen.
mehr »

Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.
mehr »

Verwaltungsräte treten aus dem Schatten

Die Verwaltungsräte der Öffentlich-rechtlichen Sender sind mächtig. Sie überwachen und kontrollieren die Geschäftsführung des Intendanten oder der Intendantin, soweit es nicht um die inhaltliche Gestaltung des Programms geht. Außerdem legen sie den Haushaltsplan und den Jahresabschluss fest, kontrollieren die Beteiligung an Unternehmen und vieles mehr. Ihre Beschlüsse fassen sie nicht öffentlich.
mehr »