Bis heute unterschätzt man, wie Desinformation in Social Media funktioniert“, resümiert Thomas Laschyk, der den Anti-Fake-News-Blog „Volksverpetzer“ 2014 gründete. Sein Team entlarvt unter dem Motto „Wir verpetzen Volksverhetzer“ die Strategien und Lügen von Extremist*innen und Verschwörungsideolog*innen – mit deren eigenen Methoden. Als Student der Literaturwissenschaften habe er den „Volksverpetzer“ vor zehn Jahren zusammen mit zwei Freunden in Augsburg gegründet, erzählt Laschyk im Gespräch mit M.
Die AfD sei damals bei den Kommunalwahlen angetreten und die drei wollten mit Fokus auf Lokalpolitik über Desinformationen aufklären. In der Krise der Asylpolitik 2015 analysierten sie dann rechte Mythen. Seine Masterarbeit schrieb Laschyk 2018 über Storytelling in Social Media Fakenews. Nach dem Studium sei er „ins kalte Wasser gesprungen“ und habe in einer Crowdfunding-Kampagne Geld gesammelt, um den „Volksverpetzer“ ab 2019 hauptberuflich als gemeinnützige Unternehmergesellschaft gUG zu betreiben.
Dank der Unterstützung aus der Leser*innenschaft, die den Blog 100prozentig – zumeist mit Einzelspenden zwischen 15 und 20 Euro – finanzieren, sei das Team mittlerweile auf zwölf Kolleg*innen angewachsen. Ihre Arbeit habe sich seit 2014 verändert – durch die Radikalisierung der AfD und mehr Vielfalt und Reichweite von Fakenews. Es gebe inzwischen viele Factchecking-Initiativen, die alle wissenschaftlich und neutral arbeiten. „Offensichtlich reicht das nicht. Wir versuchen deshalb, mit unorthodoxen Methoden in den Trend zu kommen und gehört zu werden“, erklärt Laschyk.
Damit Faktenchecks auf Social Media viral gehen, setze das Team auch auf Emotionen und reißerische Überschriften wie „So flog ein Cannabis-Fake Julia Klöckner massiv um die Ohren“ oder: „Tesla-Protest: Wie linke Klimaschützer auf rechte Fossilpropaganda reinfielen“. „Wir versuchen schnell mit den Formaten auf Desinformationen zu reagieren, in denen auch Fakenews verbreitet werden – Artikeln, Bildern, Videos, Sharepics“, so Laschyk. Der „Volksverpetzer“ erreiche Millionen von Menschen auf verschiedenen Plattformen aus allen demokratischen Parteien, etwas mehr Frauen. Die meisten sind zwischen 25 und 34 Jahre alt.
Ende April dieses Jahres wollte das Finanzamt dem „Volksverpetzer“ rückwirkend ab 2021 die Gemeinnützigkeit entziehen, weil die Veröffentlichungen „zu sehr journalistischer Arbeit ähneln“, erläutert Laschyk. In der bisher anerkannten Satzung werde „Völkerverständigung“ als Zweck genannt, da Journalismus laut Abgabenordnung steuerrechtlich nicht begünstigt ist. Als das mehrfach ausgezeichnete „Volksverpetzer“-Team den Gemeinnützigkeitsentzug öffentlich machte, erhielt es große Unterstützung – etwa durch die Initiative Forum gemeinnütziger Journalismus oder die eigene Community, die sie auch ohne Spendenquittung weiter finanzieren möchte. „Es gibt so viele Menschen, die unsere Arbeit gut finden“, freut sich Laschyk und bleibt optimistisch, dass der „Volksverpetzer“ in jedem Fall weitermacht!