„Viel Spaß beim Gaffen!“ wünscht das Redaktionsteam des Hamburger queerfeministischen Erotikmagazins seinen Leser*innen. Soeben ist die dritte Ausgabe erschienen. Es gibt Interviews mit Drag Queens und Erotikfotograf*innen, Comics und empowernde Fotostrecken, Ratgeber zu Selbstbefriedigung und toys zur Selbstbefriedigung. Das Magazin will informieren, aufklären, anregen und Lust machen. Besonders wichtig ist es den Herausgeber*innen, Raum für diverse Körper und Lebensentwürfe zu schaffen.
Gaffen? Das ist doch eigentlich eher negativ besetzt, niemand möchte angegafft werden, schon gar nicht in einem intimen Kontext. Es gibt aber auch eine Lust am konsensuellen Schauen und angeschaut werden, es geht also um konsensuelles Gaffen.
Herkömmliche Erotika zeigen meist nur normschöne, junge, nicht behinderte, weiße Körper, in recht stereotypen Handlungen. Das Team von Gazer möchte dagegen authentische Bilder von Sexualität und Körpern zeigen, die erotisch fotografierten Personen sind keine Objekte, sondern am Prozess des Fotografiert Werdens beteiligt.
In der Produktion von Pornos und Erotikheften sind unfaire Bezahlung, unsichere Arbeitsbedingungen und unfreiwillige Machthierarchien eher die Regal als die Ausnahme. Angelehnt an die PorYes-Bewegung betonen die Macher*innen von Gazer dagegen Konsens, das Mitspracherecht aller Beteiligten und eine vielfältige Sexualität, Körper und Begehren.
Das Magazin arbeitet mit qualitativ hochwertigem, dickem, glänzendem Papier, das das Durchblättern zu einem optischen und haptischen Vergnügen macht. Jedes Cover ziert ein Körperteil, auf den mit Lippenstift „Gazer“ geschrieben ist. Auf der Nummer 1 von 2020 noch ein recht züchtiger mit Blumen tätowierter Bauch über einer Leggins, auf der Nummer 2 ein in Frischhaltefolie gewickelter Oberkörper, der Kopf des Modells wird von einer Gasmaske verdeckt – das Heft hat den Schwerpunkt BDSM, also um verschiedene nicht mainstreamige Praktiken rund um Fetische, Schmerz- und Machtspiele. Auf dem aktuellen Cover prangt ein nicht weißer, nur mit einer Netzstumpfhose bekleideter Hintern.
Einige Texte sind auf englisch, werden aber übersetzt, die meisten Texte sind auf deutsch. Anders als in Pornos gibt es bei realem Sex und Begehren nicht nur Erregung und Orgasmen, sondern auch Tabus, Scham, Erwartungen und Ängste. Kommunikation über Bedürfnisse ist anstrengend, aber eigentlich für einen alle Beteiligten zufriedenstellenden Prozess unumgänglich. Das beleuchten die Hefte aus den verschiedensten Blickwinkeln. Asexuelle Personen schreiben darüber, wie sie körperlichen Kontakt erleben, Schwangere wehren sich dagegen, entsexualisiert zu werden und Menschen mit Behinderung bestehen auf ihrem Recht auf Lust, trans Personen wehren sich gegen binäre Geschlechterzuschreibungen und schwarze Menschen dagegen, fetischisiert zu werden.
Das Team arbeitet ehrenamtlich, die Autor*innen, Zeichner*innen und Fotograf*innen bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung. Die Magazine gibt es gegen Spende an feministischen Orten und auf Bestellung per Post. Der Druck der ersten beiden Ausgaben wurde aus Fördermitteln finanziert, die dritte Ausgabe aus Spenden. Der Konsum von emanzipatorischer Erotik soll nicht vom Geldbeutel abhängen, daher haben die Hefte keinen festen Preis.
Inklusion, Respekt, Konsens: Gazer präsentiert feministische, intersektionale, konsensuelle, erotische Geschichten und Bilder statt sexistische Mainstream-Pornografie – nicht nur für die queere Community.