ARD-weite Einigung zur Altersversorgung

Gesamtversorgung stabilisiert – Tarifvertrag bestandsgesichert

Durch sozialpolitische „Reformen“ werden die gesetzlichen Renten zukünftig langsamer steigen als die Arbeitseinkommen. Fast alle Politiker versprechen, dafür die betriebliche Altersversorgung zu stärken und private Eigenvorsorge zu unterstützen. Überall in der freien Wirtschaft ist jedoch festzustellen, dass arbeitgeberfinanzierte Betriebsrenten geschmälert oder gar Neueingestellten gar nicht mehr zugesagt werden.

Modern ist angeblich, wenn die Beschäftigten ihre Altersvorsorge (und sei es die betrieb­liche) aus ihrem eigenen Gehalt bezahlen. Entgegen dieser allgemeinen Tendenz haben die Tarifparteien im Rundfunkbereich am 13. September 2005 vereinbart, dass die arbeitgeberfinanzierten Betriebsrenten dort nicht geschmälert werden und dass zukünftig Neueingestellten auch noch langfristig eine gute Betriebsrente zugesagt wird. Der Preis dafür war allerdings nicht unerheblich: Ein Teil der Beschäftigten und Rentner (nämlich die, die noch eine Gesamtversorgungszusage haben) mussten auf einen Teil der Erhöhungen ihrer Betriebsrenten verzichten, die sich für sie aus den sozialpolitischen Reformen kraft Tarifvertrag ergeben hätten.

Im Mai 2003 hatten sich Gewerkschaften, ARD und ZDF auf eine Kompensation der Auswirkungen der Riesterschen Renten­reform bei den Gesamtversorgungsregelungen und auf einen Bestandssicherung des Versorgungstarifvertrages (VTV) bis 2010 geeinigt.

Nur zwei Jahre nach der Riesterschen ist inzwischen schon die nächste Rentenreform wirksam: Mit dem sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor sinkt das Renten­niveau langfristig noch schneller als nach der Riesterformel und binnen nur vier Jahren wird auch noch die bislang verblie­bene Anerkennung von drei Schulausbildungsjahren gestrichen. Wenn die gesetzliche Rente sinkt, dann muss bei einer Gesamtversorgung – gleichgültig ob Netto- oder Bruttoregelung – die Betriebsrente entsprechend steigen.

Mit Wirkung ab 1.1.2004 wurde der Krankenversicherungsbeitrag auf Betriebsrenten schlichtweg verdoppelt, seit diesem Zeitpunkt müssen die Rentner zusätzlich gut 7% von ihrer Betriebsrente an ihre Krankenkasse abführen. Seit 1.4.2004 zahlt die gesetzliche Rentenversicherung keinen Zuschuss mehr zum Pflegeversicherungsbeitrag, seither müssen die Rentner zusätzliche 0,85% von ihrer gesetzlichen Rente für die Pflegeversicherung aufwenden. Ab diesem Jahr gilt die neue Rentenbesteuerung. Viele Rentner, die bisher noch keine Steuern zu zahlen hatten, müssen jetzt erstmals Steuern zahlen und wer schon bisher welche zu zahlen hatte, bei dem sind sie nun massiv angestiegen. Parallel dazu wurden zum 1.1.2004 und zum 1.1.2005 nacheinander die letzten beiden Stufen der Steuerreform wirksam, wodurch das Nettovergleichseinkommen gestiegen ist. Ab 1.1.2005 erhalten die Arbeitnehmer zusätzlich einen neuen Freibetrag für eine eigene Altersvorsorge, der bis zu 20% des eigenen Beitragsanteils zur Rentenversicherung ausmacht. Alle diese Gesetzesänderungen beeinflussen das Netto und verursachen beträchtliche Mehr­kosten bei Anstalten, die noch Anwärter oder Rentner auf eine Nettogesamtversorgung haben.

Mehrbelastungen erlassen

Diese Effekte zusammen bewirken langfristige Mehrbelastungen für die Anstalten, deren Barwert 700 bis 800 Millionen Euro betragen würde. Die Rundfunkanstalten haben bereits kurz nach der Einigung im Mai 2003 – als nämlich das Ausmaß der neuerlichen „Reformen“ sichtbar wurde – erklärt, dass sie die dadurch ausgelösten Mehrbelastungen nicht tragen könnten. Die KEF hatte von ihnen verlangt, die Gesamtversorgung abzuschaffen und dabei auch massiv in erdiente Ansprüche einzugreifen.

In Anbetracht des Umfeldes außerhalb des Rundfunks – überall werden Betriebsrenten abgebaut – haben wir der ARD die Hand gereicht und mit ihr gemeinsam einen Weg gefunden, um das gute Niveau der Gesamtversorgungsregelungen einigermaßen zu erhalten und sie gleichzeitig so umzugestalten, dass sie nicht fortwährend Angriffsflächen bieten für die Forderung nach ihrer Demontage. Der Preis für diese Sicherungsmaßnahme war jedoch hoch: Wir mussten der ARD etwa die Hälfte der absehbaren Mehrbelastungen erlassen, viel Geld, das letztlich uns allen fehlen wird, wenn wir eines Tages in Rente sein werden. Andererseits aber auch viel Geld, das die Rundfunkanstalten mit diesem Kompromiss nochmals werden aufbringen müssen. Allerdings zum letzten Mal, denn in Zukunft werden die Versorgungsaufwendungen exakt im selben Umfang steigen wie die Gehälter, neuerliche unerwartete Mehrbelastungen wird es also für die Anstalten nicht mehr geben. Oder andersherum betrachtet werden alle weiteren Leistungskürzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Lasten der Rentner und Anwärter der Gesamtversorgung gehen. Mit diesem Kompromiss haben wir erreicht, dass der Vertrauensschutz gewahrt wird, denn es wird nicht in erworbene Ansprüche eingegriffen. Einzig die außerplanmäßigen Steigerungen der Betriebsrenten, die durch die besagte „Reformen“ erforderlich geworden wären, haben wir angegriffen: Aber selbst davon erhalten die Berechtigten im Schnitt noch etwa die Hälfte zugestanden.

Beim VTV, dem Versorgungswerk für alle erst seit den Neunzigerjahren beim Rundfunk Eingestellten, lösen die „Reformen“ sowieso keine Mehrkosten für die Anstalten aus, alle Änderungen gehen voll und ganz zulasten der Berechtigten. Da aber die Betriebsrenten nach dem VTV im Vergleich zu dem, was in der freien Wirtschaft im allgemeinen geboten wird, durchaus respektabel sind, war es uns wichtig, dieses Niveau langfristig zu sichern. Auch dies ist uns gelungen.

Änderungen im einzelnen

Es wurde ein ganzes Bündel von Maßnahmen vereinbart, von denen sich manche auf alle Regelungen, manche bloß auf Nettoregelungen und andere wiederum bloß auf solche Regelungen auswirken, bei denen auch noch während der Renten­bezugszeit ständig wiederkehrend eine Gesamtversorgungsberechnung erfolgt.

Ersatz der Nettoregelungen

Rückwirkend zum Stichtag 1.1.2005 werden alle Nettogesamtversorgungsrege­lungen in Bruttogesamtversorgungsregelungen umgewandelt: Bisher wurde die Nettogesamtversorgung des Rentners am Nettovergleichseinkommen gemessen, 90 oder 91,75% Netto durften es meist sein. Zukünftig wird die Bruttogesamtversorgung des Rentners am Bruttovergleichseinkommen gemessen, je nach steuerlicher Situation dürfen es zukünftig 59 bis 79% Brutto sein, was am Tag der Umstellung aber exakt dasselbe ist wie die bisherigen Nettozahlen. Die Methode, wie das zum Stichtag umzurechnen ist, wurde bis ins Detail festgelegt und die sich ergebenden Prozentsätze wurden in tabellarischer Form im Tarifvertrag vereinbart. Dabei muss man zwischen Anwärtern und Rentnern unterscheiden.

Welche Zusage erhalten die Anwärter einer bisherigen Nettoregelung?

Für die einzelnen Anwärter kann man leider nicht einfach eine individuelle Berechnung machen, sie sind ja noch nicht im Rentenalter und ihre spätere gesetzliche Rente steht heute noch gar nicht end­gültig fest, ebenso wenig ihr zukünftiges Gehalt und ihr Familienstand. Deshalb haben wir ersatzweise pro Gehaltsgruppe jeweils einen verheirateten Musterrentner erfunden, für den zum 1.1.2005 eine Nettoberechnung durchgeführt wird. Für die Berechnung der gesetzlichen Renten der Musterrentner wird das steuerlich anerkannte Näherungsverfahren verwandt. Bei der Berechnung bleiben der Riester-Korrekturfaktor und mögliche Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme unberücksichtigt, diese werden ja später beim Rentenbeginn individuell angewandt. Mit dieser Methode wird also simuliert, dass in jeder Gehaltsgruppe jeweils ein verheirateter Musterbeschäftigter mit dem Endstufengehalt zum 1.1.2005 in Rente geht, und zwar noch nach der alten Nettoregelung, allerdings ohne Berück­sichtigung der Verdopplung des Krankenkassenbeitrags auf die Betriebsrente und unter Fiktion eines Zuschusses der gesetzlichen Rentenversicherung zum Pflegeversicherungsbeitrag. Diese beiden Fiktionen sind der Anteil an den Mehrkosten, den die Anwärter und Rentner zu tragen haben. Wegen der geänderten Steuern kommt es aber zu spürbar höheren Bruttogesamtversorgungsprozentsätzen als noch 2003 – die Steuern sind eben der Anteil der Mehrbelastungen, den die Anstalten zu tragen haben.

Jeder dieser Musterrentner erhält eine fiktive gesetzliche Rente und eine berechnete Betriebsrente, deren Bruttobeträge zusammen seine Bruttogesamtversorgung bilden. Gemessen am Bruttovergleichs­einkommen in der Endstufe der Gehaltsgruppe ergibt sich für jede Gehaltsgruppe damit ein eigener Bruttogesamtversorgungsprozentsatz. Ab sofort bekommen nun alle Beschäftigten nach der neuen Bruttoregelung den Bruttogesamtversorgungsprozentsatz von ihrem späteren Bruttovergleichseinkommen zugesagt, der heute für den Musterrentner in ihrer späteren Gehaltsgruppe berechnet wurde. Der Bruttoprozentsatz ist von Gehaltsgruppe zu Gehaltsgruppe verschieden, außerdem unterscheidet er sich entsprechend der ursprünglichen Nettoprozentsätze, wie z.B. 90 und 91,75% Netto.

Wenn ein heutiger Beschäftigter eines Tages in Rente geht, dann wird der für seine Gehaltsgruppe geltende Bruttogesamtversorgungsprozentsatz mit dem dann geltenden Riester-Korrekturfaktor multipliziert – gerade so, wie dies seit Mai 2003 beim Nettogesamtversorgungsprozentsatz der Fall war.

Ledige hatten in der Vergangenheit nach der bisherigen Nettoregelung eine deutlich niedrigere Betriebsrente erhalten als Verheiratete. Diese Schere schließt sich bei der letzten Nettoberechnung wegen der aktuellen Steuergesetzänderungen ein ganzes Stück weit. Da aber für die heutigen Beschäftigten eine Bruttozusage gelten soll und diese auf der Basis der Steuerklasse III berechnet wurde, bestünde trotzdem noch die Gefahr der „Überversorgung“ bei Ledigen, die nach der Umstellung auf das Bruttoprinzip in Rente gehen. Dies wird durch einen reduzierten Bruttogesamtversorgungsprozentsatz für Ledige vermieden. Für Ledige, die noch 2005 in Rente gehen, beträgt die Reduzierung etwa 1/10. Die Reduzierung nimmt Rentenjahrgang für Rentenjahrgang ab, bei Renteneintritt ab 2020 wird es keine Reduzierung mehr geben. Dies ist gerechtfertigt, da sich bei Fortgeltung der Nettoregelung die Schere zwischen Verheirateten und Ledigen steuerlich nach und nach von selbst schließen würde.

Die Gesamtversorgung setzt sich generell aus gesetzlicher Rente und Betriebsrente zusammen. Die Betriebsrente ihrerseits kann direkt vom Sender gezahlt werden (Versorgungsleistung) oder teilweise bzw. ganz von Dritten (Direktversicherung). Während die direkte Versorgungsleistung vollständig zu versteuern ist, unterliegt eine Direktversicherung nur zum Ertragsanteil der Besteuerung, derzeit sind das bloß 20 %. Bei der Nettogesamtversorgung bedeutete dies, dass mehr Versorgungsleistung als Versicherungsrente nötig war, um dieselbe Nettogesamtversorgung zu erzielen. Daran soll sich wegen des Übergangs zur Bruttogesamtversorgung nichts ändern. Deshalb haben wir für die Anrechnung von Direktversicherungsrenten gestaffelte Anrechnungsfaktoren vereinbart, die für Berechtigte und Anstalten Neutralität beim Übergang bewirken.

Selbstverständlich werden die Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme auch zukünftig unverändert angewandt.

Was passiert mit den bereits laufenden Betriebsrenten der Nettoregelungen?

Das hängt davon ab, ob ihre Betriebsrente bisher unabhängig von den Erhöhungen der gesetzlichen Renten entsprechend wie die Gehälter angepasst wurden, oder ob jedes Mal erneut eine Gesamtversorgungsberechnung anfiel.

Im erstgenannten Fall bleibt praktisch alles wie es war; falls bisher wie das Nettoeinkommen angehoben wurde, wird zukünftig nun eben brutto erhöht.

Im zweitgenannten Fall findet rück-wirkend zum 1.1.2005 einfach nochmals eine letzte Neuberechnung nach der bisherigen Nettoregelung statt, allerdings ohne Berücksichtigung der Verdopplung des Krankenkassenbeitrags auf die Betriebsrente und unter Fiktion eines Zuschusses der gesetzlichen Rentenversicherung zum Pflegeversicherungsbeitrag. Trotz dieser beiden Fiktionen kommt es wegen der geänderten Steuern dabei zu spürbaren Steigerungen der Betriebsrenten. Bei dieser letzten Nettoneuberechnung wird auch letztmalig der 2003 eingeführte Riester-Korrekturfaktor angewandt, zukünftig wird es keine Neuberechnung mehr geben und damit für Rentner auch keinen Riester-Korrekturfaktor. Die sich bei dieser letzten Nettoneuberechnung ergebende Bruttogesamtversorgung (individuelle Summe aus tatsächlich gezahlter gesetzlicher Rente und aus tatsächlich gezahlter Betriebsrente) wird bei jeder zukünftigen Tariferhöhung um den Mittelwert aus dem Prozentsatz der gesetzlichen Rentenanpassung und dem Prozentsatz der Tariferhöhung angehoben. Wurde also z. B. die gesetzliche Rente um 1% erhöht und die Tarifsteigerung betrug 2 %, dann wird die Bruttogesamtversorgung für alle einheitlich um 1,5% angehoben.

Und wenn dann die heutigen Netto-Anwärter dereinst selbst Rentner sind?

Wenn ein heutiger Beschäftigter erst einmal nach der neuen Bruttoregelung in Rente gegangen ist, dann erfolgen die Anpassungen seiner Gesamtversorgung nach derselben Regelung wie oben für die Bestandsrentner beschrieben. Also nach dem Renteneintritt nie wieder Anwendung eines Korrekturfaktors. Entweder Erhöhung der Betriebsrente wie die Gehälter oder Erhöhung der Bruttogesamtversorgung um den Mittelwert aus dem Prozentsatz der gesetzlichen Rentenanpassung und dem Prozentsatz der Tariferhöhung.

Verheiratete Beschäftigte, die 2005 in Rente gehen werden, erhalten also praktisch dasselbe, wie Rentner, die vor der Umstellung in Rente gegangen sind. Das entspricht dem, was sie bei Fortgeltung der Nettoregelung erhalten hätten, allerdings ebenfalls ohne Auffüllen der Verdopplung des Krankenkassenbeitrags und des Wegfalls des PV-Beitragszuschusses.

Bleibt also doch fast alles beim alten?

Ja und Nein! Ja, was das Grundsystem der Versorgungszusage anbelangt, denn am Ende bleibt es eine die individuellen Lebensläufe ausgleichende Gesamtversorgung, die Anstalt füllt bei jedem bis zu einem kollektiven Niveau auf, unabhängig davon, wie hoch die individuelle gesetzlichen Rente jeweils ist.

Nein, was das langfristige Versorgungsniveau anbelangt. In den Jahren nach 2005 wird die Rentenbesteuerung für die jeweiligen Neurentner Schritt für Schritt erhöht. Da es dann aber keine Nettoregelung mehr gibt, löst dies auch keinen Auffülleffekt mehr aus. In diesem Sinne tragen die rentenfernen Beschäftigten effektiv eine größere (Steuer)Last als die rentennahen oder die Bestandsrentner, die von den weiteren Erhöhungsschritten der Rentenbesteuerung verschont bleiben.

Änderungen an den bisherigen Bruttogesamtversorgungsregelungen

Der bereits 2003 vereinbarte Riester-Korrekturfaktor wird sich – wie bereits erklärt – in Zukunft bei jedem genau ein einziges Mal auswirken, nämlich beim Renteneintritt. Der Riester-Korrekturfaktor war eingeführt worden, um den Auffülleffekt infolge der Leistungskürzungen der Riester-Rentenreform zu vermeiden. Inzwischen ist schon die nächste Rentenreform wirksam mit noch mehr Leistungskürzungen. Um auch den dadurch ausgelösten Auffülleffekt zu vermeiden wurden die Werte der Riester-Korrekturfaktoren entsprechend angepasst. Der Riester-Korrekturfaktor beträgt aktuell 0,9882 und wird 2030 dann 0,9259 betragen, d. h. die Bruttogesamtversorgung wird in den nächsten 25 Jahren um insgesamt 6,3 % sinken.

Um in Zukunft erneuten Streit zu vermeiden, haben sich ARD und Gewerkschaften auf ein pragmatisches Verfahren geeinigt, wie auch bei zukünftigen Rentenreformen gewissermaßen „automatisch“ gegengesteuert wird. Bei zukünftigen Rentenreformen bzw. wenn ein ungewollter Auffülleffekt von mehr als 1,5 % der Rückstellungssumme eintritt, werden die Riester-Korrekturfaktoren erneut so angepasst werden, dass eben gerade doch keine Mehrbelastungen entstehen. Bei Nichteinigung entscheidet eine Schlichtungsstelle.

Bestandssicherung des VTV

Den ARD-weiten VTV haben wir 1997 vereinbart, nachdem die Rundfunkanstalten allesamt in den Jahren 1991 und 1992 die Gesamtversorgungen geschlossen hatten und damals Eingestellten zunächst keine Zusage auf eine Altersversorgung erteilt hatten. Dieser VTV ist inzwischen seinerseits schon wieder in der Kritik. Damals hatte der ganze öffentliche Dienst noch eine Gesamtversorgung, wenngleich auch eine viel schlechtere als die Rundfunkanstalten. Inzwischen ist die Gesamtversorgung des ÖD abgeschafft und für alle heute unter 60jährigen massiv reduziert, und zwar teilweise auf ein Niveau deutlich unterhalb unseres „neuen“ VTV.

Der MDR nahm nicht an der ARD–Tarifeinigung teil, da es bei ihm keine Gesamtversorgung gibt. Er hat auch als einziger den VTV zum Ende 2005 gekündigt und will für zukünftige Neueingestellte allenfalls eine niedrigere Betriebsrente vereinbaren.

In dieser Situation erschien es uns das Beste, die „jungen“ Kolleginnen und Kollegen bei den vertragsschließenden Anstalten, oder genauer gesagt diejenigen, die dort erst Anfang der Neunzigerjahre oder danach eine Festanstellung bekommen haben, vor dem ständigen Bangenmüssen um ihre Altersversorgung zu schützen.

Dies haben wir durch eine Verknüpfung zwischen Gesamtversorgungsregelungen und VTV erreicht: Sollte eine der vertragsschließenden Anstalt den VTV vor Ende 2015 kündigen, dann muss sie ab diesem Moment bei der Gesamtversorgung wieder alle Leistungskürzungen der gesetzlichen Rentenversicherung auffüllen. Die Kündigung des VTV würde also zunächst nicht entlasten sondern Mehrkosten verursachen. Damit müssen alle, die in den nächsten zehn Jahren bei einer der vertragsschließenden Anstalten eingestellt werden, ebenfalls eine Zusage nach dem VTV bekommen. Das schützt die „Jüngeren“, die heute schon beim Rundfunk sind (immerhin mehr als jeweils ein Drittel der Belegschaften) sicher davor, zu „Besitzständlern“ zu werden, wegen deren Sturheit „Neue“ gar nichts oder viel weniger bekommen. Und die Gesamtversorgten bewahrt es davor, zu „Dinosauriern unter den Besitzständlern“ zu werden, die oberste Kaste einer Dreiklassengesellschaft.

Beschäftigungssicherung

Aktuell wird bei einigen Rundfunkanstalten laut darüber nachgedacht, bestimmte Abteilungen und Bereiche auszulagern oder gar gänzlich zu schließen. Wir haben parallel zum Tarifabschluss über die Altersversorgung erreichen können, dass die Rundfunkanstalten in ihren Häusern wenigstens während dieser Gebührenperiode, also bis Ende 2008, auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen verzichten. Für den Bereich der Gemeinschaftseinrichtungen wollten und konnten sie eine solche Erklärung nicht abgeben, haben aber für das Institut für Rundfunktechnik (IRT), die Rundfunkbetriebstechnik (RBT), die Schule für Rundfunktechnik (SRT) und die Zentrale Fortbildung Personal (ZFP) wenigstens zugesagt, dass sie alle dort gegebenenfalls von einer betriebsbedingten Kündigung Betroffenen in eine der Rundfunkanstalten übernehmen werden.

Mag sein, dass dem einen oder anderen die Gewerkschaften nun zu nachgiebig erscheinen. Wenn man diesen Tarifabschluss aber mit etwas Abstand betrachtet und das Umfeld der Tariflandschaft außerhalb des Rundfunks mit einbezieht, dann ist dieser Tarifabschluss ein Erfolg, eben gerade weil er „konservativ“ ist!

Tobias Bossert,

Mitglied des Tarifausschusses öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Vorsitzender des Sendeverbandes Bayern

 

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