Bilder im Netz

Online-Präsenz für Fotojournalisten lohnenswert

Virtuelle Marktplätze, Online-Bildagenturen, Portfolio-Angebote: Das Internet ist aus dem Bild-Business nicht mehr wegzudenken. Der Zugang zu neuen Märkten und Wettbewerbsvorteile für diejenigen, die den Verwertern den gewünschten Rund-um-die-Uhr-Service bieten können – das sind die beiden wichtigsten Gründe für eine Investition in die Internetpräsenz. „M“ hat sich im Netz umgeblickt.

Die erste Zwischenbilanz: Es gibt kaum noch eine Bildagentur in Deutschland, die Teile ihres Angebots noch nicht im World Wide Web präsentiert oder plant, dies bald zu tun. Und die Vorreiter in Sachen Internet-Vertrieb in Deutschland, die Bilddatenbanken f1online.de, images.de, Bluebox mit pictures.de und vintage.de sind noch im Geschäft. So vertritt f1online.de, 1996 aus einem Fotografenstammtisch der IG Medien hervorgegangen, wie die Online-Agentur Bluebox (pictures.de) inzwischen über 150 Einzelfotografen und Partneragenturen. Bluebox erweitert zudem gerade seine angestammte Themenpalette, Reise, Natur und People, um Stockfotografie aus den Bereichen Business und Lifestyle. vintage.de, sie nennt sich „Bildbank der Autoren“, vertritt rund 30 Fotografen vor allem zum Schwerpunkt Städte und Länder. Weitaus mehr Bilder sind einem geschlossenen Nutzerkreis überwiegend im Redaktionsbereich über das Apis-System verfügbar. Und images.de, 1997 als virtuelle Fotografenagentur gegründet, bedient für seine rund dreißig Fotografen inzwischen auch den klassischen Markt. Als Internetzweig hat die Agentur das fotofinder.net ausgegründet, ein virtueller Marktplatz, in dem sich Einzelfotografen wie Bildagenturen einmieten können.

Reine Online-Agenturen

Die reinen Online-Agenturen unterscheiden sich von klassischen Agenturen nur durch ihren Vertriebsweg. Wie jede Agentur wählen sie die durch sie vertretenen Fotografen und das angebotene Material nach einer persönlichen Vorstellung. Die Onlinepräsenz ist in der Regel kostenlos. Das Scannen ist meist inbegriffen. Die Einnahmen werden geteilt.

Nach Corbis und Anbietern von royalty-free-Bildern wie Digitalstock und Photodisc sind im vergangenen Jahr weitere Online-Agenturen hinzugekommen. Als Branchenneuling ging im April 2000 Vividia online. Die Agentur will den Markt mit Festpreisen zwischen 129 und 990 Mark für die einmalige Nutzung erobern. Die Fotografen müssen ähnliche Motive betreffend einen Exclusivvertrag mit Vividia eingehen und sollen die Agentur gegen Ansprüche Dritter (Stichwort u.a.: Recht am eigenen Bild) freistellen. Weitere Besoderheit: Vividia steht nicht nur Profifotografen offen.

Ende Mai startete Bogdan Kramliczek mit seiner eigenen Agentur netpress-online.net. Zunächst hatte der 31-jährige freie Pressefotograf lediglich die Zweitverwertung seiner Bilder im Blick. Jetzt vertritt die junge Agentur rund 20 Fotografen.

Internationaler Markt

Und Konkurrenz kommt aus dem Ausland. Für Aufsehen in Fotografenkreisen sorgte schon vor dem Start im Januar 2001 die Online-Agentur alamy.com. Die in England ansässige Agentur verspricht den Urhebern einen Honoraranteil von über 80 Prozent. 3,5 bis 5 Prozent Bearbeitungsgebüh-ren werden für die Übermittlung der Bilder zum Kunden veranschlagt. Das sind vor allem Bankgebühren, denn der Download wird gegen Kreditkarte möglich sein. Die Agentur selbst begnügt sich mit einem Provisionsanteil von 10 Prozent. Während Branchenkenner am Erfolg zweifeln, weil die Agentur davon kein Marketing betreiben könnte, verweist die Agentur auf ihre extrem niedrigen Kosten. Die Fotografen wählen ihre Motive, die sie über den Newcomer vertreiben wollen, selber aus, scannen und bearbeiten die digitalen Bilder in Eigenleistung und verschlagworten sie in Eigenregie.

Außerdem entfällt beim Webverkauf der personalintensive Kontakt zwischen Agentur und Kunden. Alamy hat keine Niederlassungen. Und die international arbeitende Online-Agentur verzichtet auf die Produktion teurer Print-Kataloge. Über 1000 Fotografen, die meisten arbeiten auch für das Getty-Imperium, sollen sich bereits registriert haben. Einer von ihnen, der Münchener Robert Müntefering, gibt sich optimistisch: „Die Macher kommen aus dem Bild-Business und haben die Datenbank gründlich vorbereitet.“

Einen überdurchschnittlichen Honoraranteil (siehe Tabelle) verspricht auch die ebenfalls in Großbritannien ansässige speedpix.com. Allerdings verlangt Speedpix eine Einstellgebühr von 55 Britischen Pfund pro Bild. Hinzu kommen Kosten für das Einscannen. Auch diese Agentur hält bei der Preisgestaltung sich nicht länger an Verwendungszwecken oder Auflagenhöhen auf. Die standardmäßige Dateigröße beträgt 30 MB. Dafür werden 200 Britische Pfund verlangt.

Media-Mix

Angst, dass ihnen nun die Fotografen weglaufen, haben die etablierten Agenturen dennoch nicht. Jan Leidicke, Geschäftsführer des Keystone Pressedienstes in Hamburg, betont den Charme der vielen Vertriebswege in einer Hand: „Wir machen bis auf wenige Ausnahmen Exklusivverträge mit den Fotografen und vertreiben die Bilder dann über alle uns zur Verfügung stehenden Vertriebskanäle in das vereinbarte Verbreitungsgebiet, in der Regel in Europa.“ Der unschlagbare Vorteil dieser Lösung für Fotografen aus Leidickes Sicht: „Wenn unsere Fotografen einen Abdruck finden, wissen sie immer, von wem sie Geld zu bekommen haben.“ Die Internetdatenbank von Keystone, www.keypix.de, ist seit Mai 2000 am Netz. Seit November sei die Nutzung mit rund 600 Zugriffen am Tag schlagartig nach oben gegangen, ein Phänomen, dass auch andere Online-Agenturen bestätigen. Die Liste der klassischen Bildagenturen mit e-commerce-Angebot ist damit lange nicht erschöpft. Ein ausführliches Linkverzeichnis zu den Internetseiten aus der Bildbranche bietet etwa der Branchendienst „visuell“ auf seiner Internetseite piag.de unter Branchen-News – Verzeichnisse – Branchenlinks.

Virtuelle Marktplätze

Wer seinen Kundenstamm hat und in der Online-Vermarktung lediglich ein Zubrot sucht, sollte sich auf jeden Fall die virtuellen Marktplätze anschauen. Sowohl Einzelfotografen als auch Bildagenturen können sich im Fotofinder.net einmieten und werden dort auch marketingmäßig betreut. Digitalisierungsrichtlinien und ein Thesaurus für die Verschlagwortung sorgen für einen einheitlichen Auftritt. Die Lizenzverhandlungen mit den derzeit rund 500 Bildverwertern führt Fotofinder. Das Rechnungswesen bleibt in der Hand der Bildanbieter, die regelmäßig Downloadprotokolle erhalten. Die Agenturen Argus, images.de und Transit bieten dort genauso an wie rund zwanzig Einzelfotografen. Visum befindet sich in einer Testphase.

Bei photopool.de und photoweb.de ist das Marketing im Wesentlichen Fotografensache. Jeder bringt seinen Kundenstamm ein. Photoweb, ursprünglich von Bonn-Fotografen gegründet, wird vor allem von den Bildanbietern finanziert (siehe Tabelle). Die Bildnutzer erklären sich wie bei Photopool mit den MFM-Honorarsätzen einverstanden, falls sie mit dem Fotografen oder der Agentur keine andere Vereinbarung treffen. Bei Photopool, einem offenen Netzwerk von Fotojournalisten, müssen die Fotografen ihr Angebot zudem selber pflegen. Voraussetzung ist also ein bereits bestehendes digitales Archiv mit sinnvollerweise mehr als 300 Bildern. Auch hier gibt es Richtlinien für die Verschlagwortung.

Foto-Suchmaschinen

Interessant für die Online-Vermarktung kann zudem die Einbindung in einer Foto-Suchmaschine sein, die das Auffinden von Bildern im World Wide Web erleichtert. Offen sowohl für Einzelfotografen wie für Bildagenturen ist der fotomarktplatz.de. Von Africafoto bis Zefa reicht die Liste der Agenturen, die ihre Internetseiten per Metasuche in den Fotomarktplatz eingebunden haben. Die dpa-Internetdatenbank wurde kurz nach Redaktionsschluss als 42ste dazugeschaltet. Einzelanbieter und Agenturen ohne eigenen Suchroutine können niedrig aufgelöste Motive mit Bildbeschreibung direkt in die Suchmaschine einstellen. Eine eigene Homepage kann bei passender Technik mit dem Fotomarktplatz vernetzt werden. Bildanfragen werden per eMail automatisch an den Bildanbieter weitergeleitet.

Neben dem Bildverkauf dient das Internet vielen Fotografen als Medium, um für sich zu werben. Als Plattform für Internet-Portfolios hat sich die Homepage vom Fotojournalistinnen- und Fotojournalistenverein FreeLens etabliert, die auch für Nicht-Mitglieder offen steht. Unter freelens.com präsentieren sich mittlerweile rund 400 freie Fotografen mit Arbeitsschwerpunkten, Kontaktadresse und Fotoauswahl in professionell gelungener Aufmachung. Das hat seinen Preis (siehe Tabelle).

Finanziell hätte die Investition sich schon für etliche Kolleginnen und Kollegen gelohnt, meint FreeLens-Geschäftsführer Lutz Fischmann. Eine Umfrage habe ergeben, dass rund ein Drittel der beteiligten Fotografen durch die Homepage Kontakt zu neuen Kunden bekommen habe. Seit Anfang 2000 wird das Portfolio-Angebot durch die Fotografen-Suchmaschine fotojob.de ergänzt. Rund 200 Fotografinnen und Fotografen haben sich laut Auskunft von Fischmann dort für 60 Mark pro Jahr (Mitglieder 35 Mark) eintragen lassen.

Andere Verbände wie der Deutsche Journalistenverband (DJV) oder der Bund Freischaffender Fotodesigner (BFF) bieten die Möglichkeit zur Portfolio-Präsentation auf ihren Homepages nur verbandsintern an. Rein kommerzielle Angebote wie der Fotografenguide und der Photo-agent tun sich gegen diese Verbandsangebote schwer.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Audiodeskription: Die KI liest vor

Die Hälfte der öffentlich-rechtlichen Sender verwendet inzwischen auch synthetische oder mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Stimmen, um für Fernsehformate Audiodeskriptionen zu erstellen. Das ergibt sich aus Nachfragen von M bei den neun ARD-Landesrundfunkanstalten und beim ZDF. Neben professionellen Sprecher*innen setzen der MDR, WDR, NDR, Radio Bremen und das ZDF auch auf synthetische oder KI-Stimmen für die akustische Bildbeschreibung.
mehr »

Gendergerechtigkeit per KI überprüfen

Ein Gender-Analyse-Tool der Technischen Universität München zeigt, wie Frauen medial ausgeklammert werden. Das Ziel vom  Gender Equality Tech Tool – GETT  ist es, die Sichtbarkeit von Frauen in der Berichterstattung bewusst zu fördern. Mit GETT kann über eine Kombination aus klassischen Algorithmen und Open-Source-KI-Modellen nachgeprüft werden, wie oft Frauen im Vergleich zu Männern in den Medien genannt und wie sie dargestellt werden.
mehr »