Blätter mit weißen Flecken

Aktionen für faire Zeitungshonorare in Freiburg, Berlin und Rostock

Wie sähen Zeitungen ohne freie Journalisten aus? Vor allem ziemlich leer. Tageszeitungen leben jeden Tag auch von den Texten und Fotos freier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In der Bezahlung schlägt sich das aber oft genug nicht nieder: 40 Euro Brutto-Honorar für sechs Stunden Arbeit – das ist für viele freie Journalisten keine Seltenheit. Seit Februar gelten die Vergütungsregeln für Freie an Tageszeitungen. Nur wenige Zeitungshäuser wenden sie vollständig an.

Mit einem Stand in der Freiburger Innenstadt haben am 29. Oktober – dem Weltspartag – freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an südbadischen Tageszeitungen die Öffentlichkeit über ihre Arbeitsbedingungen informiert. Die Aktion war Teil der bundesweiten Kampagne der dju in ver.di und des DJV „Faire Zeitungshonorare“. Vor allem eine große Stellwand zog die Aufmerksamkeit vieler Passanten auf sich: An ihr hingen Beispielseiten aus verschiedenen Ressorts der Badischen Zeitung – einmal komplett, ein zweites Mal ohne Texte und Fotos von freien Mitarbeitern. Leserinnen und Leser informierten sich über Arbeitsweise und Zeilenhonorare freier Journalisten und die unterschiedlichen Anwendungen der Vergütungsregeln bei Tageszeitungen. Viele teilten die Sorge, dass allzu knappe Honorare letztlich zu einem Qualitätsverlust der Zeitungen führten, etwa weil Autorinnen und Autoren es sich oft wirtschaftlich gar nicht leisten könnten, viel Zeit in die gründliche Recherche jedes Themas zu stecken.
Auch Redakteurinnen und Redakteure der Badischen Zeitung besuchten ihre freiberuflichen Kollegen am Stand. Einige Freiburger Stadträte, die zuvor eine Einladung zu der Aktion erhalten hatten, informierten sich vor Ort. Und der Freiburger Landtagsabgeordnete Walter Krögner (SPD) brachte eine eigene Pressemitteilung vorbei, in der er die Forderungen nach fairen Honoraren unterstützte. Qualität im Journalismus erfordere auch eine gute Bezahlung, die Zeitungshäuser dürften nicht nur auf den Idealismus ihrer freien Mitarbeiter setzen, so Krögner. Sprüche wie: „Seien Sie doch froh, Sie dürfen in Ihrem Traumberuf arbeiten …“ könne er „einfach nicht mehr hören.“
Auch in Berlin forderten die dju in ver.di und der DJV „Faire Zeitungshonorare – Jetzt!“ am 15. Oktober bei einer gemeinsamen Protestaktion vor der Geschäftsstelle des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) an der Berliner Markgrafenstraße.
Mitarbeiter aus Redaktion, Verlag und Technik der Ostsee-Zeitung versammelten sich am 26. Oktober vor dem Pressehaus in Rostock zu einer Kundgebung. Unter dem Motto „Schluss mit dem Geeier“ demonstrierten sie für angemessene Tarifverträge und faire Honorare. Passend zum Slogan wurden frisch gebratene Spiegeleier gereicht. Anlass des Protests sind Pläne der Verleger, für Mecklenburg-Vorpommern das Mandat für die gerade laufenden Tarifverhandlungen für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen zu entziehen. Den freien Autoren in Mecklenburg-Vorpommern werden die bundesweit Anfang des Jahres vereinbarten Mindestvergütungen verweigert. Obwohl alle drei Tageszeitungen in der Hand westdeutscher Verlage sind. Lediglich bei den Tochterunternehmen in Flensburg oder Lübeck werden die Vergütungsregeln anerkannt.
Die Situation der freien Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen wurde von der dju und dem DJV auch zum Thema der deutschen „Stand up for journalism“-Aktion gemacht. In den Redaktionen sollte daher an 5. November die Umsetzung der Gemeinsamen Vergütungsregeln für Freie an Tageszeitungen Gesprächsthema sein.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Warnstreik bei der Süddeutschen Zeitung

Für die zweite Tarifverhandlungsrunde am 25. Juli 2024 hatten die Verhandler*innen des Zeitungsverlegerverbandes BDZV der dju in ver.di ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Gehalten haben sie das Versprechen nicht. Konkrete Zahlen zur Tariferhöhung blieb der BDZV schuldig. Stattdessen stellte er Gegenforderungen zum Nachteil der Zeitungsredakteur*innen. Heute streikten dagegen über 100 Beschäftigte der Süddeutschen Zeitung. In Nürnberg gab es eine Aktive Mittagspause vor dem Verlag Nürnberger Presse.
mehr »

Süddeutsche ohne Süddeutschland?

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) will sich aus der Regionalberichterstattung in den Landkreisen rund um München weitgehend zurückziehen. Am Mittwoch teilte die Chefredaktion der SZ zusammen mit der Ressortleitung den rund 60 Beschäftigten in einer außerordentlichen Konferenz mit, dass die Außenbüros in den Landkreisen aufgegeben werden und die Berichterstattung stark zurückgefahren wird. Dagegen wehrt sich die Gewerkschaft ver.di.
mehr »

Breiter Protest für Rundfunkfinanzierung

Anlässlich der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten (MPK) in Leipzig fordert ver.di die Fortführung des Reformdiskurses über die Zukunft öffentlich-rechtlicher Medienangebote und über die Strukturen der Rundfunkanstalten. Die notwendige Debatte darf die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten jedoch nicht daran hindern, ihren vom Bundesverfassungsgericht zuletzt im Jahr 2021 klargestellten Auftrag auszuführen: Sie müssen im Konsens die verfassungsmäßige Rundfunkfinanzierung freigeben.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »