EU: Weg zu kollektiven Regelungen ist frei

Geballte Fallschirmkraft hilft besser, den freien Fall zu beenden.
Foto: 123rf/Anton Podoshvin/M: Petra Dreßler

Mit der Veröffentlichung sogenannter „Leitlinien zur Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen“ hat die EU-Kommission klargestellt, dass Solo-Selbstständige ihre Arbeits- und Vergütungsbedingungen durch kollektive Vereinbarungen regeln können. Personen, die im Wesentlichen nur ihre eigene Arbeitskraft einsetzen, werden insoweit vom EU-Wettbewerbsrecht nicht mehr gehindert.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft begrüßt ausdrücklich, dass nun kollektive Verhandlungen möglich werden. „Wir haben uns als ver.di bei der verantwortlichen Generaldirektion Wettbewerb intensiv für diese Verbesserung eingesetzt und konnten beispielsweise erreichen, dass der Kreis der Selbstständigen, die von dieser Leitlinie erfasst wird, deutlich weiter definiert wurde als ursprünglich vorgesehen“, betont ver.di-Vorsitzender Frank Werneke.

Bisher war es allen Selbstständigen nicht erlaubt, ihre Auftraggeber zu kollektiven Verhandlungen aufzufordern: als Unternehmer waren ihnen laut EU-Wettbewerbsrecht Preisabsprachen verboten. Viele auch der rund 30.000 soloselbstständigen Mitglieder von ver.di mussten vorgegebene Vergütungen ohne Verhandlungen akzeptieren. Das könne sich nun ändern. Der Weg zu Verhandlungen im Kollektiv sei offen.

„Die Leitlinien sind die Voraussetzung dafür, dass wir als Gewerkschaften die oftmals prekären Einkommens- und Lebenslagen vieler soloselbstständiger Kolleginnen und Kollegen gemeinsam mit ihnen bekämpfen können“, so Werneke. Nach Corona und angesichts der derzeit angespannten finanziellen Lage vieler einkommensschwacher Erwerbstätiger, auch Solo-Selbstständiger, sei kollektives Handeln notwendiger denn je.

Die gemeinsam mit den europäischen Gewerkschafts-Dachverbänden UNI-Europa und EGB erreichten Änderungen seien ein Erfolg, der Hoffnung gibt, betonen auch die ver.di-Kunstfachgruppen. Doch erlaube der jetzige Kompromiss weiterhin keine einseitigen Honorarempfehlungen; solche seien auf dieser Rechtsbasis weiterhin kritisch. Tariffragen sind Machtfragen, erinnern die Fachgruppen mit Blick auf den notwendigen Organisationsgrad, um kollektive Verhandlungen auch führen zu können.

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Gemeinsame Standards für Medienfreiheit

In Brüssel wird der European Media Freedom Act (EMFA) bereits als "Beginn einer neuen Ära" zelebriert. Ziel der Verordnung ist es, die Unabhängigkeit und Vielfalt journalistischer Medien in der EU in vielfacher Hinsicht zu stärken. Doch wie er von den Mitgliedsstaaten  - vor allem dort, wo etwa die Pressefreiheit gefährdet ist wie Ungarn und der Slowakei - umgesetzt wird, zeigt sich erst im kommenden Sommer.
mehr »

Filmtipp: Die Saat des Heiligen Feigenbaums

Die Alten hüten die Asche, die Jungen schüren das Feuer. Konflikte zwischen den Generationen sind vermutlich so alt wie die Geschichte der Menschheit. Zumindest im Westen haben die im Rückblick als „68er-Bewegung“ zusammengefassten Proteste für tiefgreifende gesellschaftliche Umwälzungen gesorgt. Angesichts des Klimawandels könnte sich das Phänomen wiederholen. Mohammad Rasoulofs Familiendrama, deutscher „Oscar“-Kandidat, beschreibt anhand der Demonstrationen im Iran, wie sich die Alten wehren.
mehr »

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

KI-Lösungen: Heise macht es selbst

Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.
mehr »