Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die Initiative der EU-Kommission, deutlich mehr Möglichkeiten für Tarifverträge für Solo-Selbstständige zu schaffen, als „Stärkung von Ein-Personen-Unternehmen bezeichnet“. Das europäische Wettbewerbsrecht soll so geändert werden, dass zukünftig kollektive Vereinbarungen zwischen Solo-Selbstständigen und Auftraggebern rechtssicher möglich sein sollen.
„Gerade in der über Plattformen vermittelten Arbeit brauchen die Solo-Selbstständigen den Schutz von Tarifverträgen“, erklärt der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. „Die meisten Selbstständigen ohne Angestellte verfügen gegenüber ihrem Auftraggeber kaum über Verhandlungsmacht. Individuelle Vereinbarungen über Bezahlung und Arbeitsbedingungen auf Augenhöhe sind in den seltensten Fällen möglich. Durch die zunehmend über Plattformen vermittelte Arbeit verschärft sich das Problem noch“, so Werneke.
Die EU-Kommission schlägt eine Ausnahme für Kollektivverträge von Solo-Selbständigen im europäischen Wettbewerbsrecht vor. Für wen diese Ausnahme gelten soll, ist noch nicht klar. ver.di setzt sich für eine Öffnung ein, die alle Solo-Selbstständigen umfasst.
Vollkommen unterbelichtet sei im Kommissionsvorschlag aber bisher die Rolle der Sozialpartner, kritisiert Werneke: „Es muss klargestellt werden, dass insbesondere die Gewerkschaften die Solo-Selbstständigen organisieren und tarifieren können. Und auch die Gegenseite muss klar benannt werden.“ Überdies dürfe eine Neuregelung keine Einschränkungen des nationalen Tarifrechts mit sich bringen, wie etwa Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen oder heute schon bestehende Möglichkeiten des Abschlusses für bestimmte Gruppen von Soloselbständigen.
Das europäische Wettbewerbsrecht verhindert bislang weitgehend Möglichkeiten für Solo-Selbstständige, ihre Bezahlung und Arbeitsbedingungen gemeinsam mit Gewerkschaften auszuhandeln.
Wettbewerbsrechtlich werden Solo-Selbstständige bislang mit Unternehmen gleichgestellt. Kollektive Regelungen zum Schutz von Solo-Selbstständigen und eine faire Bezahlung sind damit weitgehend ausgeschlossen – das will die EU-Kommission nun ändern. Die Frist, zu diesem Vorhaben eine erste Stellungnahme abzugeben, endete am 3. Februar 2021.