Jahresleistung und Urlaubsgeld im Nordbayerischen Kurier gestrichen
Keine Jahresleistung und kein Urlaubsgeld in diesem und dem kommenden Jahr, dafür bis Ende März 2011 keine betriebsbedingten Kündigungen und keine Betriebsänderungen, die Übernahme der Jungredakteure und Volontäre in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse, die sofortige Einstellung der bereits beschäftigten Leiharbeitnehmer bei freiwerdenden Stellen und eine genaue Arbeitszeiterfassung. Das ist die knappe Zusammenfassung des „Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags“, der nach monatelangem Verhandeln für den Nordbayerischen Kurier in Bayreuth unterschrieben wurde.
Das intern auch „Haustarifvertrag“ genannte Paragraphenwerk gilt für alle rund 200 Beschäftigten des Nordbayerischen Kuriers außer den Auszubildenden und den Arbeitnehmern, die sich in der Altersteilzeit befinden. „Für die Belegschaft bedeutet es einen großen Verzicht“, kommentiert die ver.di-Mediensekretärin für Oberfranken, Barbara Schneider, Mitglied der Verhandlungskommission. „Es ist ein erwiesener Vertrauensvorschuss an die Geschäftsführung, der sich nun auch rechnen soll.“ Dieser Vertrauensvorschuss geht aber mit einer deutlicheren Kontrollfunktion des Betriebsrats einher, als er sonst in den Tendenzbetrieben der Tageszeitungen üblich ist. Denn für die Dauer dieses speziellen Tarifvertragswerks finden nun die Paragrafen 106 bis 109 des Betriebsverfassungsgesetzes Anwendung, die einen Wirtschaftsausschuss und das Einsichtsrecht des Betriebsrats in alle relevanten Wirtschaftsunterlagen vorsieht. Damit soll zum einen die Verpflichtung der Gesellschafter zur Erhöhung des Eigenkapitals überprüft, und zum anderen sichergestellt werden, dass auch die außertariflich Beschäftigten des Kuriers ihr analoges Scherflein dazu beitragen, die Finanzen wieder ins Lot zu bringen.
Die Notwendigkeit für eine solche Sparmaßnahme hatte Verlagsgeschäftsführer Michael Rümmele in einem Interview im Nordbayerischern Kurier im Dezember 2008 mit dem nicht ganz korrekten Hinweis begründet, „alle unsere Mitbewerber haben sich aus dem Flächentarifvertrag verabschiedet“. Die in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte Vermutung, der eigentliche Grund sei eine jahrelange Quersubventionierung des Druckhauses Bayreuth, wies er zurück. Der Nordbayerische Kurier litte wie andere Tageszeitungen an zurückgehenden Erlösen aus Anzeigen und Abonnements. Die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern IVW weist für das zweite Quartal 2009 für den Kurier eine verkaufte Samstagsauflage von knapp über 40.000 Exemplaren bei rund 35.700 Abos aus, beide Werte sind in den vergangenen Jahren relativ kontinuierlich gesunken.
Der Nordbayerische Kurier entstand 1968 aus dem eher konservativen Bayreuther Tagblatt im Besitz der Familie Ellwanger und der 1945 als Lizenzzeitung von Julius Steeger und Walter Fischer gegründeten Fränkischen Presse. Während die Familie Ellwanger mit 37,5 Prozent und die Erben Steegers und Fischers mit 62,5 Prozent gemeinsam als Gesellschafter des Zeitungsverlags Nordbayerischer Kurier verantwortlich zeichneten, sind sie über all die Jahre mit ihren jeweiligen Druckereien Ellwanger und Druckhaus Bayreuth auch Konkurrenten. Immer wieder gab es Spekulationen um eine verdeckte Teilhaberschaft der SPD am Druckhaus Bayreuth beziehungsweise der Druckhaus Bayreuth Verlagsgesellschaft. Seit vergangenem Jahr reicht ein einfacher Klick auf das Organigramm der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft DDVG, einer SPD-Tochter, um dort eine 47,5-Prozent-Beteiligung an der Verlagsgesellschaft Druckhaus Bayreuth zu finden und die 100-prozentige Übernahme des Druckhauses Bayreuth durch die DDVG, die das Unternehmen in Bayreuth Druck und Media umbenannt hat. Verleger und Herausgeber des Nordbayerischen Kuriers sind nach wie vor Wolfgang Ellwanger und Dr. Laurent Fischer, der auch im Vorstand des BDZV und im Aufsichtsrat der dpa sitzt und Vorsitzender des Verwaltungsrates des Presseversorgungswerks ist.
Doch die Veränderungen der oberfränkischen Zeitungslandschaft strahlen schon länger auf Bayreuth aus. Der Nordbayerische Kurier bezieht seinen Mantel vom Ring Nordbayerischer Tageszeitungen RNT, ebenfalls mit Sitz in Bayreuth. Bis zum 27. Oktober 2006 gestaltete die Redaktion des RNT die Mantelseiten für vier oberfränkische Tageszeitungen, für den Kurier in Bayreuth, das Obermain-Tagblatt in Lichtenfels, die Bayerische Rundschau in Kulmbach und das Coburger Tageblatt. Die beiden letzten Zeitungen gehörten zum Verlag E.C. Baumann und wurden, da sich keine geschäftsführenden Erben fanden, an den Fränkischen Tag in Bamberg verkauft. Der verpasste ihnen nach einiger Karenzzeit seinen eigenen Bamberger Mantel. Beim RNT wurde die Redakteurszahl um gut die Hälfte auf sieben reduziert und ein Haustarifvertrag vereinbart. Diese Mannschaft baut mit Hilfe von dpa, ddp und seit einigen Monaten auch dem Artikel-Angebot der zum Holtzbrinck-Konzern gehörenden Mainpost aus Würzburg den Mantel für die Bayreuther und die Lichtenfelser. Die Verantwortung für Kultur und Sport liegt seither auch überregional bei der Redaktion des Nordbayerischen Kuriers.