Einheitliche Interessenvertretung für zersplitterte Unternehmen in Sachsen
Erstmalig konnte an einem regionalem Zeitungsstandort in einem Unternehmen mit verschiedenen Geschäftsfeldern – Druck, Redaktionen, Anzeigenblätter, Callcenter, Lokalredaktionen, Postvertrieb, sonstige Zeitschriften – die jeweils in verschiedenen Gesellschaften aufgeteilt sind, eine einheitliche Interessenvertretung gebildet werden.
Das Aufsplitten eines Unternehmens in mehrere kleine Betriebe liegt im Trend. Aus Abteilungen werden Betriebe, aus Betrieben Unternehmen – und aus Kollegen Dienstleister. Was früher einheitlich war, grenzt sich auf einmal durch Gesellschaftsformen voneinander ab. Eine Folge: Große Betriebsräte mit freigestellten Mitgliedern verschwinden. Dies geschah auch beim Dresdner Druck und Verlagshaus (DD+V), einer Tochter von Gruner + Jahr, wo unter anderem die Sächsische Zeitung und die Morgenpost Sachsen erscheinen. Damit musste sich auch die bislang einheitliche Interessenvertretung neu strukturieren: es wurden sechs neue Betriebsratsgremien mit insgesamt 30 Mitgliedern gewählt, ein Gesamtbetriebsrat ist dabei. Und dennoch arbeiten sie gemeinsam weiter: Sie schlossen sich kurzerhand zu einem Konzernbetriebsrat (KBR) zusammen – der sich am 25. Mai konstituierte und jetzt über 1000 Beschäftigte repräsentiert. Zum Vorsitzenden wählte das Gremium Bernd Köhler (Unternehmensbereich Zeitungen), zum Stellvertreter Tom Wange (Zeitungsdruck). Was daran so außergewöhnlich ist? Es gibt bereits einen Konzernbetriebsrat bei Gruner + Jahr. Doch entstand durch die veränderte Firmenstruktur in Dresden ein Konzern im Konzern, ein so genannter Unterkonzern.
Die Geschäftsleitung registrierte den neuen KBR ohne Kommentar. Sie stellte sogar fest, dass es sinnvoll ist, die Betriebsräte vor Ort zusammenzufassen. Es erleichtert Verhandlungen. Damit sich der KBR aber nicht nur treffen und verhandeln, sondern auch Mitbestimmungsrechte wahrnehmen und Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber abschließen kann, muss eine verbindliche Arbeitsgrundlage her. Gesellschaftsrechtlich unstrittig ist, dass die Betriebsräte der 100%igen Töchter des DD+V Delegierte in den Konzernbetriebsrat von Gruner + Jahr entsenden. Bei Beteiligungen des DD+V knapp über 50 Prozent sei das nach Aussagen der Geschäftsführung nicht möglich – weil nicht G+J, sondern nur DD+V die Mehrheit besäßen. Die Zusammenarbeit in der Region ist aber gerade für diese kleineren Betriebsräte besonders wichtig. Deshalb wird derzeit eine Vereinbarung über den Unterkonzernbetriebsrat oder auch einen Gesamtbetriebsrat mit erweiterter Befugnis zwischen den Konzernbetriebsräten von DD+V und G+J, sowie Konzern- und Unternehmensvertretern und ver.di-Experten ausgehandelt. Solange es keine Vereinbarung in Form eines Tarifvertrages gibt, wird jeder Betriebsrat seine Vertreter in den Konzernbetriebsrat von Gruner + Jahr schicken.
Was sind die Themen des neuen KBR? „Wir haben eine unternehmensweite Telefonanlage. In allen Redaktionsgesellschaften arbeiten die Kollegen außerdem alle mit demselben technischen System – hier wird der neue KBR tätig werden müssen“, sagt die Betriebsrätin Elke Schanz. Außerdem soll es ein Projekt der Auszubildenden für einen neuen Intranet-Auftritt geben. Auch könnten Verhandlungen über ein günstiges Job-Ticket des öffentlichen Nahverkehrs für alle Beschäftigten aufgenommen werden.
Ver.di wird außerdem prüfen müssen, ob die durch die Ausgliederung entstandene Tariflosigkeit wieder hergestellt werden kann. 1999 wurden von Gruner + Jahr Regionalverlage gegründet. In einem Streik wehrten sich die Beschäftigten gegen die Zerschlagung der Interessenvertretung und den tariflosen Zustand.
Weitere Informationen: www.verdi-verlage.de/sz.