Tarifeinigung für Filmschaffende mildert Folgen von Hartz
Für Kreative und Techniker am Filmset setzt mit dem neuen Tarifabschluss eine neue Zeitrechnung ein. Jede Überstunde verlängert die Vertragszeit und kann für sehr viele das Abrutschen ins ALG II nach Drehschluss verhindern. Damit hat ver.di gemeinsam mit den drei Arbeitgeberverbänden die Möglichkeit geschaffen, die durch die Hartz-Reform entstandenen sozialen Härten für Filmschaffende aufzufangen.
Der von ver.di und dem Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten e.V., der Arbeitsgemeinschaft Neuer Deutscher Spielfilmproduzenten e.V. und dem Verband Deutscher Spielfilmproduzenten e.V. unterzeichnete Einigung tritt rückwirkend zum 1. Juni in Kraft. Sie wird in einen Gesamttarifvertrag für schätzungsweise 10.000 Film- und Fernsehschaffende einfließen, der zur Zeit noch zwischen den Tarifparteien verhandelt wird. Die Arbeit von Filmschaffenden wird nun nicht mehr nur mit Wochengagen entlohnt. Die üblichen täglichen Mehrarbeitsstunden werden auf Zeitkonten verbucht. Das betrifft bis Ende 2006 jede Arbeitsstunde ab der 41. pro Woche und ab der 13. pro Tag sowie anfallende Zuschläge. Ausgleichszeiten entstehen. Das heißt, aus 8 Stunden Zeitguthaben wird ein zusätzlicher Beschäftigungstag und die Beschäftigungsdauer auch über die Produktion hinaus wird verlängert.
Damit wirkt der Tarifvertrag den Regelungen der Hartz-Reform entgegen, die ab Februar 2006 die Verkürzung der Rahmenfrist für den Anspruch auf Arbeitslosengeld von drei auf zwei Jahre vorsieht. Spätestens dann ist jeder Beschäftigungstag wichtiger denn je, denn es müssen mindestens 360 dieser Tage innerhalb der zurückliegenden zwei Jahre zusammen kommen. „Viele Film- und Fernsehschaffende brauchen damit nicht länger zu fürchten, dass sie ihre ungewöhnlichen Arbeitsbedingungen zu ALG II-Empfängern machen und dass sie gezwungen sein werden, ihren Beruf deswegen aufzugeben und jede andere Arbeit anzunehmen, die für zumutbar gehalten wird“, sagte ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel. Zusätzliche gesetzliche Regelungen, die eine angepasste Rahmenfristregelung mit deutlich weniger Beschäftigungstagen vorsähen, würden die Situation vollends entschärfen, so Fintel. „Doch die politische Großwetterlage steht nicht günstig.“ Dennoch bleibe ver.di bei seiner Forderung, dass analog zur Sondereglung für Kultur- und Film-Beschäftigte im Nachbarland Frankreich auch hierzulande 152 Tage ausreichen müssten, um die vollen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu wahren.
Enthalten im Tarifvertrag ist ebenso eine Erhöhung der Gage im Januar 2007 und 2008 um jeweils 1,5 Prozent und ein Zuschlag von 100 Prozent für die tägliche Mehrarbeit von mehr als 14 Stunden.
Entscheidend wird jetzt sein, dass die Filmproduktionsfirmen diese verbindlichen Zeitkonten auch umsetzen. Das gilt auch für den schwer zu kontrollierenden Bereich der Auftragsproduktionen. Die Einführung von Zeitkonten kann sich in den Kalkulationen niederschlagen, das sollten die Sender berücksichtigen und damit ihren Beitrag für die Sicherung der beruflichen Existenz der Beschäftigten leisten. Für Filmschaffende und Mitarbeiter in Produktionsfirmen führt ver.di Informationsveranstaltungen in den Filmstandorten durch: Am 18. August in Köln und am 23. August in Berlin.
Bei Problemen in bezug auf die Umsetzung der Tarifeinigung, sollten sich Filmschaffende direkt an connexx.av in ver.di wenden (www.connexx-av.de).