Vom Arbeiten und Verdienen in der Medienbranche – connexx.av präsentiert Studie über Arbeitsbedingungen auf den Medientagen München
Arbeit in der Film- und Privatfunkbranche ist mit hohen persönlichen Belastungen verbunden. Zu diesem Ergebnis kommt eine auf den Medientagen München präsentierte Studie von connexx.av über die Arbeitsbedingungen der Medienschaffenden im privaten Rundfunk, Film und AV-Produktion. Der Untersuchung liegt eine Befragung von über 1000 Beschäftigten (Durchschnittsalter: 35 Jahre) über ihre Arbeits- und Einkommenssituation zu Grunde.
Über die Hälfte der Befragten gaben an, dass ihre Arbeitssituation sie gesundheitlich belaste. 48 Prozent sehen durch ihre Arbeitsbedingungen auch ihr Privatleben „stark“ bzw. „sehr stark“ beeinträchtigt. Bei nur 10 Prozent ist dies nicht der Fall. Die Erhebung der Arbeitszeit ergab, dass rund 60 Prozent der Befragten mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, 35 Prozent mehr als 50 und 8 Prozent mehr als 60 Stunden. 60 Prozent der Befragten gab an „weniger häufig“ bis „gar nie“ Freizeitausgleich für geleistete Mehrarbeit zu erhalten.
Die hohe Arbeitsleistung korrespondiert laut Studie allerdings auch mit einem eher überdurchschnittlichen Einkommen der meisten Film- und Privatfunk-Beschäftigten. So gaben mehr als die Hälfte der befragten Privatfunk-Mitarbeiter an, über 6000 Mark brutto im Monat zu verdienen. 20 Prozent der sogenannten freien Freien verdienen monatlich mehr als 10000 Mark. Gute berufliche Entwicklungschancen sehen rund 1/3 der Befragten. Rund 20 Prozent wollen die Branche allerdings lieber heute als morgen verlassen.
Dass in der Branche so große Unzufriedenheit herrsche und von den Befragten relativ häufig der Wunsch geäußert wurde, die Branche wieder zu verlassen, wollte Hans-Dieter Hillmoth, Geschäftsführer und Programmdirektor HIT Radio FFH, Frankfurt und Präsident der Association for European Radios (AER), Brüssel, für die privaten Radiostationen nicht bestätigen. Hier suche man nach wie vor händeringend nach qualifizierten Mitarbeitern. „Die Ansicht, dass der Privatfunk lieber mit Praktikanten als mit ausgebildeten Redakteuren arbeitet, ist ein Gerücht“, erklärte er. Private Radiostationen könnten ihren Betrieb mit solcher Praxis gar nicht aufrechterhalten. Da hatte Wille Bartz, jetzt für connexx.av in Hamburg tätig, allerdings andere Erfahrungen gemacht: als langjähriger Produktionsleiter in der Privatfunkbranche sei er laufend auf „Praktikantenmissbrauch“ gestoßen.
Hillmoth registriert im Privatfunk ein Trend hin zu verstärkter freiberuflicher Beschäftigung. Diese Entwicklung ginge jedoch eher von den Mitarbeitern als von den Sendern als Arbeitgeber aus. Ulrike Kindle vom Tarifverband Privater Rundfunk (TPR) bestätigte diesen Eindruck. Viele Privatfunkbeschäftigte würden von Steuerberatern, Anlageberatern und Versicherungsagenten darin bestärkt, ihre Tätigkeit ohne Sozialversicherungspflicht zu gestalten. Das führte sie allerdings zu der nach Ansicht vieler Zuhörer irrigen Meinung, deshalb sei hier der Tarifverband Privater Rundfunk gar nicht gefragt: „Bei Freien reden wir nicht als Arbeitgeber, sondern von Unternehmer- zu Unternehmer-Kollegen!“
Die connexx-Mitarbeiter helfen weiter, wenn es mit dem „kollegialen“ Verhältnis mal doch nicht so ganz klappen sollte. Auch der Betriebsratsvorsitzende von SAT 1, Ryszard Podkalicki, konnte solche Bestrebungen nicht bestätigen, im Gegenteil, die Mitarbeiter würden vermehrt eine einigermaßen soziale Absicherung in einem festen Anstellungsverhältnis allemal bevorzugen. Den freiwilligen Gang von Beschäftigten in die Selbstständigkeit sieht auch Barbara Hennings, Vorsitzende des Bundesverbandes Filmschnitt, im Bereich der Filmproduktion nicht. Im Gegenteil, es gebe ja kaum andere Beschäftigungsverhältnisse. Umso ärgerlicher sei daher, dass die privaten Veranstalter und Arbeitgeber sich bisher nicht zu einer Mitgliedschaft in der Pensionskasse für Freie Mitarbeiter entschließen konnten. Es sei ein zunehmender Trend der Produzenten zum Unterlaufen der gesetzlichen Versicherungspflicht zu beobachten. Sie erinnerte auch daran, dass die zum Teil hohen Honorare zur Absicherung für längere Zeiten der Arbeitslosigkeit und zur Altersvorsorge dienen müssten. Wille Bartz forderte denn auch verstärkte Maßnahmen der betrieblichen und überbetrieblichen Altersvorsorge in der Branche.
Weitere Themen in der Diskussion: der Mangel an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in den Medienbetrieben und die oft fehlende tarifliche Absicherung in der Branche.