Niederlande: Höhere Honorare erstritten

Das Logo der Kampagne: „Fotojournalismus hat einen Preis“ der niederländischen Journalisten-Gewerkschaft NVJ

Zwei freie Journalist*innen haben mit Hilfe ihrer Gewerkschaft, der Nederlandse Vereniging van Journalisten (NVJ), ein Urteil erstritten, das in Honorarfragen wegweisend in den Niederlanden sein könnte. Der Großverlag DPG Media wurde zu Nachzahlungen verpflichtet. In der Entscheidung vom 1. November legte der Richter gleichzeitig fest, was er für angemessene Honorare für Texte und Fotos in regionalen Tageszeitungen hält – und das sind über 50 Prozent mehr, als die bei DPG übliche Vergütung.

Es ist das erste Urteil, das nach dem seit vier Jahren geltenden niederländischen Urhebervertragsrecht gesprochen wurde. Die NVJ ist zuversichtlich, auf Grundlage dieses Richterspruchs künftig für freie Journalist*innen in den Niederlanden angemessene Honorare durchsetzen zu können.

Die Reporterin Britt van Uem schreibt für die Tageszeitung Tubantia, die in der Provinz Twente erscheint. Ruud Rogier fotografiert für das Brabantse Dagblad. Beide Zeitungen gehören zum niederländischen Ableger der belgischen DPG Media Group, die bis Mai noch als „De Persgroep“ firmierte. Van Uem erhielt für ihre Texte ein Honorar von 13 Cent pro Wort, Rogier pro Foto 42 Euro. Das sind die bei DPG bisher üblichen Sätze und es ist zu wenig, wie die Kläger*innen, die NVJ und letztlich der Richter befanden: Im Namen des Königs urteilte das Amsterdamer Bezirksgericht, dass ein angemessenes Texthonorar 21 Cent pro Wort und ein angemessenes Fotohonorar 65 Euro pro Bild sei.

Teil des Streits war die Frage, was ein „angemessenes Honorar“ im Sinne des Urhebervertragsrechts bedeutet. Der Verlag bezog sich auf ein gemeinsames Schreiben des niederländischen Finanzministeriums und des Arbeitsministeriums, in dem für Soloselbstständige aller Sparten ein Stundenhonorar von 16 Euro als Mindestvergütung festgelegt werden. Der Amsterdamer Richter stellte hingegen den Vergleich zu fest angestellten Journalisten her, die je nach Berufserfahrung auf die Stunde umgerechnet zwischen 19 und 30 Euro verdienen und nahm dies als grobe Richtschnur für die Wort- und Foto-Honorare. Das Urteil ist nicht revisionsfähig, allerdings zunächst nur in den beiden Einzelfällen gültig.

Dennoch spricht NVJ-Sekretärin Rosa García López von einem „Freudentag“. „Es ist ein historisches und wegweisendes Urteil, das Folgen für alle freien Journalist*innen und Fotograf*innen in den Niederlanden haben wird. Es wird uns helfen, in den Verhandlungen mit den Verlegern bessere Honorare auszuhandeln.“

Die niederländischen Honorare, insbesondere für die freien Fotografen von Regionalzeitungen, sind in den letzten Jahren nicht gestiegen. Im Gegenteil sie sind  sogar gesunken. NVJ und die ihr angeschlossene Fotograf*innenvereinigung NFJ hatte deshalb Anfang des Jahres die Kampagne „Fotojournalismus hat einen Preis“ gestartet, in der die Fotografen einen Tag lang die Arbeit verweigerten. Zeitungen erschienen daraufhin mit weißen oder schwarz eingefärbten Platzhaltern an Stellen, wo das Layout Bilder vorgesehen hatte. Die Klagen der beiden Kolleg*innen gegen die DPG Media wurden im Rahmen der Kampagne von der NVJ unterstützt.

Auch bei der FREG, der Arbeitsgruppe Freie Journalistinnen und Journalisten in der Europäischen Journalisten Föderation (EJF), wurden die Kampagne und der Prozess mit Interesse beobachtet. „Das motiviert uns noch einmal zusätzlich in unserem Einsatz für faire Freien-Honorare“, sagt der FREG-Vorsitzende Pablo Aiquel aus Frankreich.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Türkische Presse im Visier der Justiz

Der Journalist Nedim Türfent berichtet über die Situation von Medienschaffenden in der Türkei. Sein Film "Ihr werdet die Macht der Türken spüren!" über die schikanöse Behandlung kurdischer Bauarbeiter erregte große Aufmerksamkeit und brachte ihm 2015 einen Journalistenpreis ein - und 2016 seine Verhaftung. Er wurde gefoltert und zu acht Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Die meiste Zeit davon verbrachte er im Hochsicherheitsgefängnis in der östlichen Stadt Van. Türfent wurde am 29. November 2022 nach sechs Jahren und sieben Monaten Haft entlassen. Schon wenige Monate später arbeitete er wieder als Journalist. Zurzeit nimmt er an einem Stipendium für bedrohte…
mehr »

Media Hub Riga: Ein sicherer Ort

Wer den Media Hub Riga besuchen will, bekommt vorab von Leiterin Sabīne Sīle die Anweisung, die Adresse nicht weiterzugeben und keine Fotos zu machen, die seine Lage preisgeben. Drinnen wartet die alltägliche Atmosphäre eines Büros. Der Media Hub wirkt wie ein gewöhnlicher Co Working-Space – nur freundlicher. An den Wänden hängen Fotos von lächelnden Menschen am Strand, eine Girlande aus Orangenscheiben schmückt den Flur. Luftballons, auf denen „Happy Birthday“ steht, zeugen von einer Geburtstagsparty.
mehr »

Spanien: Politiker bedroht Journalisten

Die Recherche des Onlinemagazins elDiario schlägt hohe Wellen. Der Lebenspartner der Präsidentin der Region Madrid soll Steuerbetrug begangen haben. Nun werden die Journalist*innen bedroht. „Wir werden euch zermalmen“, droht der  konservative Politiker Miguel Ángel Rodríguez (Partido Popular) und kündigt dem Magazin an: „Ihr werdet dichtmachen müssen“.
mehr »

Wichtiger Schritt gegen Einschüchterungsklagen

Die Europäische Union will Journalist*innen, Menschenrechtler*innen und Nichtregierungsorganisationen besser vor strategischen Einschüchterungsklagen (SLAPPs) schützen. Die Mitgliedstaaten gaben einer entsprechenden Richtlinie am Dienstag grünes Licht, das EU-Parlament hatte bereits Ende Februar zugestimmt. Die Regierungen haben nun zwei Jahre Zeit, sie in nationales Gesetze zu übertragen.
mehr »