Rundfunk staatsnah zurecht gestutzt

Die AfD will den Rundfunkbeitrag abschaffen! Das steht so in ihrem 2016 beschlossenen Grundsatzprogramm. Im Entwurf des Wahlprogramms für die anstehende Bundestagswahl will man ARD, ZDF und Deutschlandradio zu einem einzigen bundesweiten Vollprogramm zusammenschmelzen. Nicht wenige Kritiker_innen des Rundfunkbeitrags werden im Schatten des Bundesparteitags in Köln jubelnd dieser simplen Forderung zustimmen. So ist das auch gedacht von den Populisten der AfD – aber es ist eine Mogelpackung!

Die AfD nutzt für ihre Zwecke den Zank über den eigentlich überschaubaren Beitrag von 17,50 Euro im Monat – eine regionale Tageszeitung wie z.B. der Kölner Stadt-Anzeiger kostet im normalen Abo mehr als das Doppelte im Monat, eine überregionale Zeitung wie die Süddeutsche sogar mehr als das Dreifache. Mit scheinbar populären Forderungen gedenkt sie ihre Vorstellungen eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks durchzusetzen – der, wenn man es zu Ende denkt, einem „Staatsfunk“ ziemlich nahe kommt, obwohl die AfD einen solchen ja heute schon anprangert.

Wenn die AfD schreibt, der Rundfunkbeitrag soll freiwillig und die Programme zusammengestaucht werden, dann will sie nichts anderes als die schleichende Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Sender sollen ihr Programm außerdem verschlüsselt nur denen zur Verfügung stellen, die den Beitrag auch tatsächlich freiwillig zahlen – das ist öffentlich-rechtliches Pay-TV à la AfD.

Wagen wir das Gedankenexperiment, das ohnehin an den Haaren herbeigezogen ist, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für jedermann überall frei empfangbar sein muss. Setzte sich die AfD durch, würde vermutlich Folgendes passieren: Der freiwillige Rundfunkbeitrag würde von deutlich weniger Menschen gezahlt. Er müsste dramatisch steigen, um die Kosten zu decken. Außerdem würde das Programm noch mehr auf Sport und Unterhaltung bauen, denn das sind die Cash-Cows beim Pay-TV, und weniger auf hochwertige Information, Dokumentation und Bildung. Da das aber (zumindest heute) zum öffentlich-rechtlichen Auftrag gehört, müsste am Ende der Staat die Finanzierung sicherstellen. Und da es den Rundfunkbeitrag für alle dann nicht mehr gäbe, bliebe wohl nur der Weg einer (zusätzlichen) Finanzierung über den Steuerhaushalt. Womit wir prompt bei der Staatsferne sind, die dann keineswegs mehr gegeben wäre (weshalb es ja den Rundfunkbeitrag gibt). Ein so aufgestellter Rundfunk würde der Regierung nach dem Munde senden.

Bei allem Verständnis für sachliche Kritik am Rundfunkbeitrag: Das kann nun wirklich kein Demokrat wollen – ein zusammengestutzter öffentlich-rechtlicher Rundfunk auf freiwilliger Basis. Denn von der schönen populistischen Idee der AfD bleibt vor allem eines hängen: Einen von Markt und Staat unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann es mit diesen Plänen nicht geben. Deshalb steht für mich fest: Wer AfD wählt, wählt wirklich den Staatsfunk!

Lesetipp: „Schwarzbuch AfD“ herausgegeben von Correctiv.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Breiter Protest für Rundfunkfinanzierung

Anlässlich der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten (MPK) in Leipzig fordert ver.di die Fortführung des Reformdiskurses über die Zukunft öffentlich-rechtlicher Medienangebote und über die Strukturen der Rundfunkanstalten. Die notwendige Debatte darf die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten jedoch nicht daran hindern, ihren vom Bundesverfassungsgericht zuletzt im Jahr 2021 klargestellten Auftrag auszuführen: Sie müssen im Konsens die verfassungsmäßige Rundfunkfinanzierung freigeben.
mehr »

Der Rotstift beim Kinderfernsehen

ARD und ZDF halten es nicht für sinnvoll, wenn die Bundesländer im Reformstaatsvertrag einen fixen Abschalttermin für das lineare Programmangebot des Kinderkanals KiKa festlegen. Die lineare Verbreitung zu beenden, sei „erst dann sachgerecht, wenn die weit überwiegende Nutzung eines Angebots non-linear erfolgt“, erklärten ARD und ZDF gemeinsam auf Nachfrage. „KiKA bleibt gerade für Familien mit kleinen Kindern eine geschätzte Vertrauensmarke, die den Tag linear ritualisiert, strukturiert und medienpädagogisch begleitet.“
mehr »

Mit Perspektiven gegen soziale Spaltung

Die Berichterstattung über den Nahostkrieg zwischen Staatsräson und Menschenrechten ist heikel, denn die Verengung des Diskurses begünstigt einen Vertrauensverlust der Medien und die soziale Spaltung in Deutschland. Beides wird durch den politischen Rechtsruck befeuert. Grund genug, den medialen Diskurs genauer unter die Lupe zu nehmen.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »