Schamlose Verleger

Heute, am 1. März, tritt ein novelliertes Urhebervertragsrecht in Kraft  – ein ursprünglich mit großen Hoffnungen der Urheber_innen und ausübenden Künstler_innen gestartetes Vorhaben, bei dem am Ende ein weichgespültes Gesetz herauskam. Aber damit nicht genug. Die Zeitungsverleger kündigten aus diesem Anlass die Gemeinsamen Vergütungsregeln (GVR) für freie hauptberufliche Journalist_innen an Tageszeitungen. Die Begründung darf man getrost als verlogen bezeichnen.

Offenbar mit Stolz verweist der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) darauf, dass man bereit gewesen sei „gemäß dem 2002 verabschiedeten neuen Urhebervertragsrecht Gemeinsame Vergütungsregeln abzuschließen“ und damit sogar „Neuland“ betreten habe. Die aktuelle Gesetzesnovellierung führe nun jedoch ein sogenanntes Verbandsklagerecht ein, was die GVR „als Maßstab für die Ermittlung angemessener Honorare“ ersetze. Das ist wohl eher eine Fake News als die faktische Wahrheit!

Was der Unternehmerverband verschweigt, ist, dass die GVR für Tageszeitungen erst nach mehr als siebenjährigen von den Gewerkschaften immer wieder vorangetriebenen Verhandlungen im Februar 2010 abgeschlossen wurden, die GVR für Fotohonorare sogar noch einige Jahre später. Gleichfalls wurden diese Mindesthonorare nur von einem Bruchteil der Verlage angewendet. Die große Mehrheit ignorierte sie. Kolleg_innen, die gegen diese Ignoranz gerichtlich vorgingen, waren meist erfolgreich. Gerichte verhängten mitunter spektakuläre Nachzahlungen. M Online hat über die meisten Fälle berichtet.

Für jene, die den Mut hatten, ihr verbrieftes Recht „auf angemessene Vergütung“ zu erstreiten, hieß das dann aber auch, keine Aufträge mehr vom jeweiligen Verlag zu bekommen. Und eben deshalb hat ver.di im Novellierungsverfahren mit der Politik um ein Verbandsklagerecht gerungen.

Im mageren Ergebnis des neuen Gesetzes kann dieses aber nur bei denjenigen Verlagen greifen, die GVR abgeschlossen haben – eine verlegerfreundliche Einschränkung oder wie es die dju sieht: ein „fauler Kompromiss“, der nun schamlos von den Verlegern ausgenutzt werde. Die Kündigung der GVR mit der Novelle des Urhebervertragsrechts zu begründen, sei in höchstem Maße entblößend, kritisiert der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke den BDZV, der sich schlichtweg weigere, „soziale Verantwortung zu übernehmen“. „Anstatt die Arbeit der Freien zu würdigen, die eine wichtige Säule für guten Journalismus und erfolgreiche Zeitungen ist, will der BDZV die Bedingungen offensichtlich noch weiter verschlechtern“, so Werneke.

Letztlich lässt das Verleger-Vorgehen Logik vermissen – oder ist es Methode? Verlage, die angemessene Honorare nach den GVR bezahlen, würden auch nicht verklagt werden, weder vom Einzelnen noch nach dem „neuen“ Verbandsklagerecht von Gewerkschaften. Wo also ist das Problem? Einfach eine „angemessene Vergütung“ zahlen und damit dem auch von Verlegerseite immer wieder gepriesenen hohen Wert des Journalismus und jenen, die ihn umsetzen, gerecht werden!

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Länder wollen kein Medienfreiheitsgesetz

Die Bundesländer bleiben bei ihrer Ablehnung gegenüber dem geplanten Europäischen Medienfreiheitsgesetz. Die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD), Vertreterin der Rundfunkkommission der Länder, betonte am vergangenen Mittwoch vor dem Kulturausschuss, der Vorschlag für eine Verordnung „zur Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für Mediendienste im Binnenmarkt“ greife in die Kulturhoheit der Länder ein, Medien seien kein dem EU-Binnenmarkt unterworfenes Wirtschaftsgut.
mehr »

Das „ganze Bild“ von Ungleichheit zeigen

Vor allem reiche Menschen verursachen den Klimanotstand. Menschen mit Armutserfahrung werden bei der Gesundheitsversorgung diskriminiert. Wie sehr Ungleichheit die Lebensbedingungen in Deutschland prägt, wurde auf einer Fachtagung von Netzwerk Recherche und Wissenschaftszentrum Berlin deutlich – und auch, wie wir Journalist*innen faktenreich und empathisch über die Strukturen hinter diesen sozialen Schieflagen berichten können.
mehr »

Tarifergebnis im ZDF nach Warnstreiks

Erstmalig in der ZDF-Geschichte hat es zwei Warnstreiks gebraucht, um das ZDF in der siebten Verhandlungsrunde schließlich zu  einem verbesserten Eckpunktepapier zu bewegen. Wie die Gewerkschaft ver.di in einer aktuellen Tarifinformation mitteilte, konnte man sich über die Erhöhung des Festbetragsmodells, Inflationsprämien und Mobilitätszahlungen einigen. Auch für Freie und Azubis wurden Verbesserungen erzielt. Mit den beschlossenen Auszahlungen ist ab Juni zu rechnen. Jetzt sind die Mitglieder gefragt, über dieses Ergebnis bis zum 4. April abzustimmen.
mehr »

VG Bild-Kunst tagt in Leipzig

Die Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst lädt am Donnerstag, 20. April 2023, um 10 Uhr ins Pentahotel Leipzig zur Berufsgruppenversammlung ein. Thema werden die Verhandlungen mit den Social-Media-Plattformen, mit META für Facebook und Instagram, mit Pinterest, Flickr, Twitter und anderen sein. Wer persönlich teilnehmen möchte, kann sich per E-Mail anmelden. Wer nicht persönlich dabei sein kann, den bittet die dju, die Stimmrechtsübertragung an die dju in ver.di nicht zu vergessen. Auf dem Formular, der allen Einladungsbriefen beigelegt ist, findet sich die dju unter "ver.di Fachgruppe Journalismus (dju)". Wer möchte, kann die Stimmrechtsübertragung auch gleich für die geplante…
mehr »