Siebzig auf einen Streich

Konflikt bei n-tv spitzt sich zu: Massenentlassungen und noch kein Ende

Nicht nur Buch- und Zeitungsverlage, auch die elektronischen Medien sind krisengeschüttelt. Der Nachrichten-Sender n-tv etwa ist in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten. Um Ausfälle im Werbezeitenverkauf zu kompensieren, sieht die Geschäftsführung den Ausweg in Personalkostensenkung. Siebzig Beschäftigte erhielten im November betriebsbedingte Kündigungen.

Der n-tv-Betriebsrat wurde massiv unter Druck gesetzt. Eine Verlegung des Sendestandortes nach Köln wurde für den Fall angedroht, dass die Interessenvertretung den Kündigungen nicht zustimmt. Der Betriebsrat entschloss sich daraufhin, seine Widersprüche in rechtlich weniger wirksame „Bedenken“ um- zuwandeln.

Aufforderung zu „kleinen Opfern“

Ver.di hatte n-tv rechtzeitig ein Verhandlungsangebot gemacht, um Arbeitsplätze beim Sender zu retten. Geeignete Stabilisierungsmaßnahmen sollten an einem „Runden Tisch“ diskutiert werden. Die Gewerkschaft bot Verhandlungen über einen Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag an. Die Geschäftsführung war nicht gesprächswillig. „Wir gehen davon aus“, so Dietrich Peters, der zuständige Sekretär beim ver.di-Landesbezirk, „dass das Management nicht bereit ist, die für Verhandlungen notwendigen wirtschaftlichen Daten auf den Tisch zu legen.“

Konfliktreich gestalten sich gegenwärtig auch die Verhandlungen um einen Sozialplan. Bislang liegen die Vorstellungen von Betriebsrat und Geschäftsleitung noch sehr weit auseinander. Die Einigungsstelle musste angerufen werden. Es ist zu erwarten, dass noch heftig um das Volumen des Sozialplans gerungen wird.

Mit den bereits ausgesprochenen 70 Kündigungen scheint das Ende der Fahnenstange noch gar nicht erreicht. Nach Betriebsratsinformationen werden demnächst weitere 16 Mitarbeiter entlassen oder in andere Beschäftigungsverhältnisse überführt.

Im Unternehmen n-tv, das Ende Oktober seinen 10. Jahrestag beging, werden gegenwärtig Mitarbeiter zum freiwilligen befristeten Verzicht auf fünf Prozent ihres Bruttoeinkommens 2003 aufgefordert. Obwohl „die Grundlage für eine wirtschaftliche Gesundung“ des Unternehmens jetzt gelegt sei, appellieren die beiden Geschäftsführer offenbar an Beschäftigte höherer Gehaltsklassen, mit einem „kleinen Opfer“ selbst „weitere Stellenkürzungen“ vermeiden zu helfen.

Tarifrecht wahren

Ver.di hat die n-tv-Geschäftsführung darauf hingewiesen, dass einseitiger Gehaltsverzicht mit dem Tarifrecht nicht zu vereinbaren ist. Verhandeln könnten nur die Tarifparteien. Für den 13. Januar (nach Redaktionsschluss) wurde ein Verhandlungstermin vereinbart, zu dem ver.di mit einem Vorschlag aufwartet. In einer Veranstaltung für alle betroffenen und interessierten Mitarbeiter des Senders soll über das Ergebnis informiert werden.

N.P

 

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