Streiks in Redaktionen vor neuer Tarifrunde

Streikende auf dem Jahnplatz in Bielefeld machen klar: Das Verlegerangebot ist unzureichend.
Foto: ver.di

Im Tarifkonflikt der Tageszeitungsredakteure startete heute die erste bundesweite Warnstreikwelle. Redaktionen in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern legten die Arbeit nieder. Betroffen von den Streiks waren unter anderem die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten, die Eßlinger Zeitung, der Schwarzwälder Bote, die Neue Westfälische, die Lippische Landeszeitung sowie die Augsburger Allgemeine.

Am kommenden Montag, wenn in Stuttgart die Verhandlungen fortgesetzt werden, sollen weitere Redaktionen in den Ausstand treten: „Diese Streiks sind nur der Anfang. Unsere Kolleginnen und Kollegen in den Tageszeitungsredaktionen empfinden es als Provokation, dass der Bundesverband Deutscher Tageszeitungsverleger (BDZV) sie mit einem mageren Gehaltsplus von weniger als einem Prozent mehr Geld im Jahr für die nächsten dreißig Monate weiter von der allgemeinen Einkommensentwicklung abkoppeln will“, erklärt der Verhandlungsführer der Deutschen
Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, Matthias von Fintel. Auf die von der dju geforderte Attraktivitätsoffensive für den Nachwuchs seien die Verleger bislang gar nicht eingegangen. Damit werde „billigend in Kauf genommen, dass die Jungen sich Arbeit zu besseren Bedingungen in Pressestellen oder in der Werbung suchen“. Perspektivisch entstünden so ernsthafte Probleme für die journalistische Arbeit, die den maßgeblichen Anteil der guten wirtschaftlichen Entwicklung der Medienhäuser ausmacht, so von Fintel.

Volles Haus bei der Streikversammlung in Stuttgart, auch aus Esslingen, Oberndorf und von der Cannstatter Zeitung sind Kolleg_innen dabei.
Foto:ver.di

Magere 2,4 Prozent mehr Geld verteilt über 30 Monate mit einer ersten Erhöhung frühestens ab August 2018, kein Mindestbetrag zur Aufwertung der Arbeit des journalistischen Nachwuchses, so sieht das bisherige Angebot der Verlegerseite für die rund 13 000 Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen aus. 0,6 Prozent für das erste Vertragsjahr würden nicht einmal die Inflationsrate ausgleichen, kritisieren die Gewerkschaften dju und DJV. Zwar räumt die Verlegerseite ein, dass die wirtschaftliche Situation in den Medienhäusern sich stabilisiert und bestätigen damit die Beobachtungen von Betriebsräten.

In Augsburg gingen Kolleginnen und Kollegen von der Zentralredaktion gut beschirmt auf die Straße.
Foto: ver.di

Die Forderungen der Journalistengewerkschaften dagegen umfassten eine Tariferhöhung von 4,5 Prozent rückwirkend zum Jahresbeginn, mindestens aber 200 Euro, um den Redakteursberuf auch für jüngere Kollegen attraktiv zu halten.

Am 12. März werden die Verhandlungen in Stuttgart fortgesetzt. Parallel planen die Gewerkschaften am Vormittag eine zentrale Streikkundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz direkt vor dem Verhandlungslokal „Alte Kanzlei“ und bundesweit weitere Warnstreiks.

Aktuelle Informationen ständig unter: https://dju.verdi.de

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »