Tarifrunde beim NDR: Warnstreik macht Druck

Kämpferische Stimmung beim ver.di-Warnstreik der NDR-Beschäftigten in Hamburg-Lokstedt
Foto: Hinrich Schultze

Eine „Superbeteiligung“ vermeldeten Aktive: Weit über 200 Beschäftigte waren am 12. Juni dem ver.di-Aufruf zu einem Warnstreik beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) gefolgt. Mit der Aktion soll Druck in der laufenden Tarifrunde für die Beschäftigten und freien Mitarbeiter in den Funkhäusern Hamburg, Kiel und Schwerin gemacht werden.

In beiden Funkhäusern in Hamburg beteiligten sich Beschäftigte am Warnstreik. „Wir hatten aber auch gute Unterstützung aus Hannover, Kiel und Schwerin. Auch Freie sind gekommen“, berichtet Connexx-Mitarbeiter Lars Stubbe in Hamburg. Die hohe Streikbeteiligung sehen die ver.di-Aktiven als gute Vorlage für die Fortsetzung der laufenden Tarifrunde am 13. Juni.

ver.di verlangt dabei eine Erhöhung der Gehälter und Honorare um 5,25 Prozent, was dem Niveau des letzten Tarifergebnisses im Öffentlichen Dienst entsprechen würde. Zusätzlich werden eine Wahlmöglichkeit bei der Arbeitszeit, eine soziale Komponente und höhere Vergütungen für Azubis, Volontäre und Praktikanten gefordert. Bisher drei Verhandlungsrunden beim NDR blieben ergebnislos. Das von der Arbeitgeberseite vorgelegte Angebot ist aus ver.di-Sicht zu weit von den Forderungen entfernt: „Es bewegt sich nicht auf der Höhe des Abschlusses im Öffentlichen Dienst der Länder. Hier müssen wir Anschluss halten, damit Fachkräfte ein zukunftsorientiertes Programm machen“, erklärt Wolfgang Kreider von ver.di Hamburg. Die sich abzeichnende Einigung bei der betrieblichen Altersversorgung führe zu hohen Abschlägen für die Beschäftigten. „Da darf es jetzt nicht zu weiteren Einschnitten bei den Gehältern kommen“, so der Gewerkschafter. Zur geforderten Wahlmöglichkeit bei der Arbeitszeit ergänzt er: „Eine zunehmende Arbeitsverdichtung führt auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu hohen Belastungen. Mehr Flexibilität bei der Wahl der Arbeitszeit entlastet und kann Ausfällen durch Krankheit vorbeugen.“

Neben dem zu niedrigen Tarifangebot sieht ver.di beim NDR eine weitere Provokation: Die Arbeitgeberseite macht die Erhöhung der Honorare für freie Mitarbeiter von einer Verschlechterung des Bestandschutzes bei langjährig freien Beschäftigten abhängig. Der Warnstreik setzte auch Zeichen gegen dieses Vorhaben und für eine Gleichberechtigung der freien Mitarbeiter.

Während beim NDR und beim SWR bereits mehrere Tarifverhandlungen stattgefunden haben, geht es beim WDR aktuell in die zweite Runde. Auch bei BR und SR sind die Gehalts- und Honorartarifverhandlungen 2017 gestartet. Die ver.di-Tarifausschüsse für den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk hatten im Dezember 2016 eine Gehalts- und Honorarforderung im Gesamtvolumen von 5,5 Prozent zuzüglich einer sozialen Komponente und struktureller Verbesserungen beschlossen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Entstehung des ÖRR in Deutschland

Im Jahr 1945 strahlten die deutschen Radiosender Programme der Militärregierungen aus. Zum Beispiel Norddeutschland. Dort hatte der nationalsozialistische Reichssender Hamburg am 3. Mai seine Tätigkeit eingestellt. Nur wenige Stunden später besetzten britische Soldaten das Funkhaus und schon am 4. Mai erklang eine neue Ansage: „This is Radio Hamburg, a station of the Allied Military Government.”
mehr »

KI sitzt am Redaktionstisch

Erst vor wenigen Jahren hat ein Großteil der Menschen überhaupt erfahren, was Künstliche Intelligenz (KI) in der Praxis bedeutet. Genauer gesagt: Viele Menschen haben mit ChatGPT einen ersten Eindruck davon bekommen, wie Maschinen Texte formulieren, Prüfungsaufgaben in Sekundenbruchteilen lösen oder umfangreiche Artikel in wenigen Sekunden auf wesentliche Inhalte zusammenfassen. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zieht die generative KI seitdem ein.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Komplett-Verweigerung der Rundfunkpolitik

Nachdem die Ministerpräsident*innen am 12. Dezember 2024 zur Rundfunkpolitik beraten haben, zeichnet sich ein düsteres Bild für die öffentlich-rechtlichen Medien, ihre Angebote und die dort Beschäftigten ab. Beschlossen haben die Ministerpräsident*innen eine Auftrags- und Strukturreform und einen ab 2027 geltenden neuer Mechanismus zur Festsetzung des Rundfunkbeitrags. Nicht verabschiedet wurde jedoch der fällige Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.
mehr »