Ausbeutung in Filmproduktionsfirma juristisch gebrandmarkt
Nun ist das Urteil endgültig: In Dezember vergangenen Jahres erteilte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in zweiter Instanz der Ausbeutung einer Praktikantin eine klare Abfuhr.
In der Berufung war der Fall der jungen Übersetzerin Magdalena W. verhandelt worden, die bei der Babelsberger Produktionsfirma Lavendelfilm GmbH im November 2008 ein sechsmonatiges Praktikum angetreten hatte. Die Vergütung von lediglich 200 Euro monatlich hatte die Österreicherin zunächst in Kauf genommen. Sie war davon ausgegangen, dass sie unter kompetenter Anleitung viel über die Filmbranche lernen würde. Schließlich hieß es im Praktikumsvertrag, sie werde „zum Erwerb von Erfahrungen und Kenntnissen im Berufsbild Übersetzerin/Medienkommunikation in der Firma eingesetzt“. Außerdem hoffte Magdalena – nach einem vielversprechenden Telefongespräch mit der Chefin von Lavendelfilm – auf eine Weiterbeschäftigung nach Ende des Praktikums.
Die Praxis sah anders aus: Das Praktikum entpuppte sich als Vollzeitjob, in dem Magdalena eigenverantwortlich und fast ohne Anleitung 16 Folgen der US-Fernsehserie Gossip Girl übersetzte. Nebenbei erledigte sie Büro- und Managementaufgaben. Auch der Traum einer anschließenden Anstellung zerplatzte.
Enttäuscht wandte sich die gewerkschaftlich organisierte Übersetzerin an ver.di. Dort ließ sie sich von Kathlen Eggerling beraten, Projektmanagerin bei connexx.av, der Interessenvertretung für Mitarbeiter von Rundfunk, Film, AV-Produktionen und Neuen Medien. „Nach meiner Einschätzung passte hier nur das Entgelt in die Kategorie Praktikum, nicht aber die Arbeitsleistung, die von Magdalena erwartet wurde, die ihr übertragene Verantwortung und ihre hohe Qualifikation“, so Eggerling. Nachdem connexx.av und die ver.di-Rechtsabteilung dies herausgearbeitet und belegt hatten, riet Eggerling Magdalena, die Filmfirma auf Lohnnachzahlung zu verklagen.
Schon in erster Instanz bestätigte das Potsdamer Arbeitsgericht die ver.di-Sicht: Die Klägerin sei eine Arbeitnehmerin gewesen, „da sie im streitbefangenen Zeitraum einer Tätigkeit nachgegangen sei, die keinen weiteren Ausbildungszwecken gedient habe“. Es sprach Magdalena Ende 2010 eine Nachzahlung von 11.000 Euro zu. Die Chefin der Lavendelfilm akzeptierte das Urteil nicht. Sie ging in die Berufung mit der Begründung, dass Magdalena zum Zeitpunkt ihrer Tätigkeit bei der Lavendelfilm durch ein EU-Programm gefördert worden sei. Das Berufungsgericht stufte diese Förderung als für den Sachverhalt nicht relevant ein. Es bestätigte die Einschätzung des Potsdamer Arbeitsgerichts und wertete die Vertragsbeziehung der Parteien als Arbeitsverhältnis. Allerdings setzte es die zu zahlende Vergütung unter anderem aufgrund des Status der Klägerin als Berufsanfängerin niedriger an als die Vorinstanz: Lediglich 1.300 Euro brutto stünden Magdalena monatlich zu und nicht 1.725,75 wie es der Tarifvertrag VTFF vorsieht.
Insgesamt beurteilt Kathlen Eggerling den Ausgang des Verfahrens positiv. Es sei jedoch ein Wermutstropfen, dass als gehaltliche Grundlage der Tarifvertrag nicht anerkannt worden ist, obwohl er den Synchronbereich in die Geltung einbezieht. Sie hoffe, dass sich nun viele Praktikanten über ihre Rechte informieren und darüber, was ein Praktikum eigentlich bedeutet, so Eggerling weiter. „Vor Magdalenas Entschluss, sich zu wehren, habe ich große Hochachtung. Und sie arbeitet immer noch in der Branche!“