Ach, waren das noch Zeiten als es klare Kante gegen die Vorratsdatenspeicherung ging. Da wurden Aufrufe unterzeichnet, Stellung bezogen und demonstriert. Auch beim Leistungsschutzrecht zeigte die dju eine klare Position. Und die Medien berichteten umfassend.
Anders hingegen bei den neuen EU-Datenschutzrichtlinien, der Regelung des europäischen Datenschutzes für die nächsten Jahre: Ein Thema, dass keine Schlagzeile und kaum einen Artikel wert war. Wir haben es fast verpennt, obwohl es uns direkt betrifft.
Vor eineinhalb Jahren stellte EU-Kommissarin Viviane Reding den Entwurf vor: Ein einheitlicher Datenschutz für ganz Europa, Stärkung der Rechte des Einzelnen beim Umgang mit seinen Daten. Etwa 3.000 Änderungsanträge waren die Folge. Heerscharen von Lobbyisten waren tätig. Allen voran Amazon, Ebay und die US-Handelskammer. Erst als die Webseite Lobbyplag den offensichtlichen Einfluss der Industrie auf die europäischen Politiker dokumentierte, witterten die deutschen Medien einen Skandal und also ein Thema.
Dabei hätten wir Journalisten schon viel früher aufmerken müssen. Zwar fand Viviane Reding 2012 noch beruhigende Worte zur Presse- und Meinungsfreiheit, wenn es um die Sammlung, Speicherung oder Löschung von Daten geht: „Die Arbeit von Journalisten tasten wir nicht an.“ Aber jetzt soll der Redaktionsdatenschutz angetastet werden. In Deutschland liegt die Zuständigkeit dafür beim Presserat. Nach den EU-Vorgaben könnte er zukünftig den Datenschutzbeauftragten übertragen werden. Wohlgemerkt: Nicht mehr ein von journalistischen Organisationen getragenes Selbstregulierungsorgan, sondern staatliche Stellen würden dann beim Datenschutz die Presse kontrollieren. Das könnte der Beginn einer Beschneidung der Pressefreiheit sein.
Mit der dju-Unterzeichnung eines offenen Briefes mehrerer Verbände und Initiativen an Innenminister Friedrich zur Wahrung der Standards des deutschen Datenschutzrechts ist ein erster Schritt getan. Was jetzt aber dringend ansteht, sind zusammen mit ver.di und der EJF (European Federation of Journalist) eindeutige Forderungen an die EU, denn sonst könnte uns Journalisten und damit auch der Pressefreiheit die Zeit weglaufen.