Blickwinkel verschieben

Früher sprach man von Gegenöffentlichkeit, heute, unverbindlicher, von alternativen Medien. Diese befassen sich mit Themen, die im publizistischen Mainstream keinen Platz finden. Manche laufen auch im Mainstream gegen den Mainstream.Sugárka Sielaff zeigte im NDR-Medienmagazin „Zapp“, wie im deutschen Fernsehen Schauspieler mit dunkler Hautfarbe meist nach Klischee besetzt werden: guter Afrikaner, böser Dealer, armer Asylant. Als Liz Baffoe einmal von „Schloss Einstein“ ein Angebot bekam, einfach nur eine Lehrerin zu spielen, war sie platt. Die Autorin des Zapp-Beitrags sagte über ihre Absicht: „Ich wollte ein wenig den Blickwinkel verschieben.“ Anfang Mai erhielt sie den Sonderpreis Medienkritik des „Alternativen Medienpreises“. Der wird vergeben von der Nürnberger Medianakademie und der Stiftung Journalistenakademie München gemeinsam mit weiteren Unterstützern, darunter auch der dju. Prämiiert werden in mehreren Kategorien Beiträge in allen Medien. Die Themen: antirassistisch, antifaschistisch, friedensbewegt.

Zu den Preisträgern gehört die Schülerzeitung Q-rage, nach eigenen Angaben die größte überregionale Schülerzeitung Deutschlands: sie befasst sich mit Rassismus in der Gesellschaft. Die Aktivitäten der Neonazis beobachtet die Internet-Seite a.i.d.a. („Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle“) Inzwischen liegt ein großes Archiv vor. Wie wichtig solche Dokumentation ist, zeigt sich an den Fahndungsdefiziten bei der Mordserie der Zwickauer Zelle. Alternativ heißt für a.i.d.a. auch, dass das Bayrische Innenministerium den Verein unter linksextrem abspeichert und nach Kräften behindert. Dazu die Jury: „Zum Glück lässt sich das AIDA-Archiv nicht einschüchtern, sondern macht weiter.“

Auch der Dokumentarfilm „Blut wird fließen“ (M 2 / 2012) erhielt einen Preis. Thomas Kuban hat heimlich auf Neonazi-Rockkonzerten gedreht. Er öffnet den Blick auf furchterregende Szenen und blutrünstige Texte. Hunderte solcher Konzerte finden in Deutschland jedes Jahr statt. „Blut muss fließen“ wurde auf der Berlinale zum ersten Mal gezeigt. Alternativ ist für den Film auch die Finanzierung. Kein Sender hat sich für das Projekt interessiert, keine Filmförderung. Die Autoren finanzieren es jetzt über Crowdfunding.

Weitere aktuelle Beiträge

Aktive Medien gegen Rechts

„Wie weiter?“ – unter dieser Fragestellung wollten am 7. Mai in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Berlin Medienpolitiker*innen und Journalist*innen über „Visionen für eine demokratische Medienlandschaft“ diskutieren. Den Rahmen bildete das Roman Brodmann Kolloquium zum Oberthema „Rechtsruck in Europa! Ohnmacht der Medien?“ Anstelle von überzeugenden Visionen spiegelte die Debatte eher die Ratlosigkeit der Demokraten angesichts eines erstarkenden Rechtsextremismus.
mehr »

Von Drehtüren und Seitenwechslern

Seit gestern hat Deutschland eine neue Bundesregierung. Das Personalkarussell dreht sich - sowohl in der Politik als auch in der PR. Einige prominente Namen der künftigen Mannschaft von Bundeskanzler Friedrich Merz kommen aus dem Journalismus. Zu den spektakulärsten Seitenwechseln zählen die Personalien Stefan Kornelius und Wolfram Weimer. Kornelius, seit 2000 in leitender Funktion bei der Süddeutschen Zeitung, zuletzt als Ressortleiter Politik, tritt die Nachfolge von Steffen Hebestreit (SPD) als Regierungssprecher an. Mit Weimer wird gar ein Verleger („Business Punk“) und Publizist („Cicero“) und Ex-Focus-Chefredakteur neuer Staatsminister für Kultur und Medien.
mehr »

Rechtsextreme im Fernsehen

Durch meine Eltern habe ich Anstand und Respekt beigebracht bekommen. Daher missfällt es mir, Menschen nicht anzuhören, nur weil sie eine andere oder unliebsame Meinung vertreten. Das geht mir auch so bei der Frage, ob man Politikerinnen und Politiker der rechtsextremen AfD in TV-Talkshows einladen sollte. Ein grundsätzliches „Nein“ behagt mir nicht. Ein offenes „Ja“ kommt mir allerdings auch nicht über die Lippen, angesichts der AfD-Auftritte gerade im Vorfeld der jüngsten Bundestagswahl. Was also tun?
mehr »

Smart-Genossenschaft für Selbstständige

Smart klingt nicht nur schlau, sondern ist es auch. Die solidarökonomische Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat seit ihrer Gründung im Jahr 2015 vielen selbstständig Tätigen eine bessere und stärkere soziale Absicherung verschafft – genau der Bereich, der bei aller Flexibilität und Selbstbestimmtheit, die das selbstständige Arbeiten mit sich bringt, viel zu oft hinten runterfällt.
mehr »