Fünfte Tarifrunde für Zeitungsredaktionen ergebnislos vertagt
In den Tarifverhandlungen für die rund 14.000 Redakteurinnen und Redakteure sowie Freie bei Tageszeitungen legten die Verlegervertreter am 11. November ihre Kürzungspläne auf den Tisch. Garniert war das Ganze mit einem Gehaltsangebot, das den Namen nicht verdient. Während in Berlin die fünfte Verhandlungsrunde ablief, signalisierten Zeitungsmacher/innen in fünf Bundesländern in Streiks und Protestaktionen ihren Unmut über die seit Verhandlungsbeginn angestrebten Tarifeinschnitte. Die Verhandlungen werden am 18. Dezember in Berlin fortgesetzt.
„Die Journalistinnen und Journalisten nach Jahren des Reallohnverlusts im kommenden Jahr mit einer Einmalzahlung für 2014 und dann erst einer Gehaltserhöhung von maximal 1,4 Prozent abspeisen zu wollen, während es für viele Redakteurinnen und Redakteure insbesondere im Norden eine komplette Nullrunde bis mindestens Ende 2015 geben soll: Das ist genau so wenig akzeptabel wie die geplante Kürzung des Urlaubsgelds und der Jahresleistung“, kritisierte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke das Beharren der Verleger auf spürbaren Kürzungen in den manteltariflichen Regelungen. Darüber hinaus solle der Urlaubstageanspruch eingefroren und für Neueinzustellende auf 30 Tage reduziert werden. Dass es bei den geforderten Kürzungen nicht nur um Peanuts geht und was sie für die Einzelne/den Einzelnen bedeuten, wird sehr schnell mit einem Blick in die Gehaltstabellen klar (http://tinyurl.com/ltgm2es). Eine zeitnahe Einigung sei auf Basis dieses von den Verlegern vorgelegten Streichkatalogs unwahrscheinlich, so Werneke.
Die Aktionen am fünften Verhandlungstag seien ein sichtbares Signal gewesen und hätten deutlich gemacht, dass die Redakteurinnen und Redakteure keine Kürzungen, sondern verbesserte Tarifverträge wollen. Dazu hätten die Gewerkschaften weitere konkrete Forderungen beispielsweise zu verbesserten Wochenendzuschlägen und verbindlicher Arbeitszeitdokumentation vorgelegt. Und ver.di hält daran fest: 5,5 Prozent mehr Geld für Feste und Freie sowie die Einbeziehung von Onlinern in den Geltungsbereich der Tarifverträge und eine Modernisierung der Ausbildung für Tageszeitungsredakteurinnen und -redakteure. „Jetzt gilt es, den Protest gegen die Verschlechterungspläne des Verlegerverbandes zu verstärken“ appellierte der ver.di-Verhandlungsführer Frank Werneke an alle Beschäftigte.
„Unser Mantel ist unteilbar! Faire Erhöhung jetzt – Freie, Pauschalistinnen und Redakteure! Schluss mit Sparen!“ das war vielerorts die Botschaft am 11. November. In Ulm trafen sich 500 Streikende aus Bayern und Baden-Württemberg unter anderem von der Augsburger Allgemeinen, der Allgäuer Zeitung, der Stuttgarter Zeitung, des Schwäbischen Tagblatts, des Reutlinger Generalanzeigers und der Südwest Presse. Das sogenannte „Tarifwerk Zukunft“ der Verleger stehe für Tarifabbau. „Wir haben bei unseren täglichen Kämpfen um guten Journalismus und für die Pressefreiheit in der Welt schon einige Taschen dieses Mantels an die Reichen abgeben müssen. … Wir stehen in Ulm, um deutlich zu machen, dass wir nichts mehr zu verteilen haben“, heißt es in einem Flugblatt der Baden-Württemberger. Bei der Süddeutschen Zeitung in München verabschiedeten etwa 100 Beschäftigte einstimmig eine Resolution, in der sie die Verleger aufforderten „endlich ein Angebot für eine angemessene Gehaltserhöhung“ vorzulegen. „Die Journalistinnen und Journalisten an den Tageszeitungen in Deutschland liefern täglich gute, engagierte Arbeit und verdienen dafür eine entsprechend gute Honorierung!“ heißt es unter anderem.
Kein Spielball für Rendite-Interessen
Beschäftigte von Zeitungen aus Nordrhein-Westfalen demonstrierten durch Bielefeld. Mit dabei erstmals auch Kollegen der Tageszeitung Der Patriot sowie eine Delegation von rund 40 Journalistinnen und Journalisten aus Köln und Bonn. Vor dem Verlagshaus der Neuen Westfälischen solidarisierten sich die Demonstranten mit den Beschäftigten des Küster-Pressedrucks, die von mehr als 40 Kündigungen bedroht sind. Getreu des Slogans „Zeitungsverleger – Mantelzerleger“ und „Bei der Rendite sind sie fix, für den Mantel tun sie nix“ hatten sich einige Kollegen in zerschlissene Mäntel gekleidet. Sie wollten damit deutlich machen wie wichtig ihnen neben Gehaltserhöhungen der Erhalt des Manteltarifvertrages ist. „Es ist offenkundig, dass die Verleger Angst haben, einen ähnlichen Widerstand unter den Kollegen hervorzurufen wie bei der Tarifrunde 2011“, sagte dju-Bezirksvorsitzender Frank Bell. „Die Kollegen werden sich trotz aller Nebelkerzen, die von den Verlegern geworfen werden, nicht zum Spielball der Rendite-Interessen von Verlagsgeschäftsführern machen lassen, die den Wert journalistischer Qualität nicht kennen.“
In Frankfurt am Main beteiligten sich rund 100 Journalisten unter anderem des Darmstädter Echos und der Frankfurter Neuen Presse an Protesten. Mit einer Luftballon-Aktion vor dem Anzeiger-Hochhaus und an einigen Wegen protestierten in Hannover Zeitungs-Beschäftigte gegen die Verleger-Streichorgie. „Schlechte Bezahlung – schlechte Zeitung“ stand auf vielen bunten Ballons – ein Wink, die Qualität des Blattes im Blick zu behalten.