Protestfrühstück bei der Deutschen Welle
„Elitär“ nannte Deutsche-Welle-Intendant Erich Bettermann das Protestfrühstück, das ver.di, und andere Gewerkschaften am 8. Januar zwischen Acht und Zehn auf dem Bürgersteig vor dem Deutsche-Welle-Funkhaus in der Berliner Voltastraße anboten.
Zwar lehnte Intendant Bettermann, der einen Warnstreik vermutete, das Angebot von Hartgekochtem und Vitaminen ab. Das Flugblatt der Gewerkschaften nahm er zu Beginn seines Arbeitstages gegen 9.20 Uhr notgedrungen entgegen. „Geiz ist geil…“ hieß es dort, „Aber uns gibt’s nicht für‘ nen Appel und ’n Ei“. An die 250 solche Flugblätter wurden an diesem Morgen ausgegeben. Viele Mitarbeiter der Deutschen Welle in Berlin nutzten die Aktion zu Gesprächen und weiterer Information über den akuten Tarifkonflikt. „Die Kolleginnen und Kollegen würden noch nicht sofort streiken, aber die Mehrheit ist stark sensibilisiert“, so das Resümee der Organisatoren.
Dem Berliner „Frühstück“ war Anfang Dezember in Bonn bereits ein zweistündiger Warnstreik der dortigen Deutsche-Welle-Beschäftigten vorausgegangen. Dabei kam es zu Sendeausfällen im deutschen und in zahlreichen Fremdsprachenprogrammen. Mit beiden Aktionen reagierten die Beschäftigten auf die starre Haltung der Geschäftsleitung mit Verwaltungsdirektor Dr. Hartstein an der Spitze. Im Sommer noch hatte der einen Tarifabschluss auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes für möglich gehalten. Inzwischen lehnt die Arbeitgeberseite die moderaten Tarifforderungen der Gewerkschaften, die sich am Abschluss des WDR orientieren, rundweg ab. Statt dessen ließ die Hartstein-Crew die Verhandlungen am 27. November mit folgenden Zumutungen platzen: Man will die Anhebung der Arbeitszeit von 38,5 auf „vorerst“ 41 Stunden. Die automatischen Stufensteigerungen in den Gehaltsgruppen III und IV sollen „leistungsabhängigen“ Modellen weichen. Die Gehälter könnten linear um 1,7 Prozent – real 1,13 Prozent – erhöht werden. Freie sollen eine „Nullrunde“ akzeptieren. Zudem soll die betriebliche Altersversorgung weiter reduziert werden.
Die gewerkschaftliche Mitgliederversammlung lehnte dieses Angebot als „Unfug“ ab. Damit verabschiede sich die Deutsche Welle aus dem Tarifgefüge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Seit 1999 seien im Sender annähernd 700 Stellen abgebaut worden. Die nun geplante wöchentliche Mehrarbeit von zunächst 2,5 Stunden bedeute eine weitere Arbeitsverdichtung. Entsprechend beschnitten würden Beschäftigungsmöglichkeiten für Freie, argumentiert die gewerkschaftliche Tarifkommission. Gehaltssteigerungen „nach Leistung“ werden als „Nasenprinzip“ abgelehnt. An gemeinsamen Vergütungsverhandlungen für Feste und Freie will man unbedingt festhalten. Kurz vor Druckbeginn wurde der neue Verhandlungstermin 11. Februar bekannt. Erwartet wird der Abschluss eines Gehaltstarifvertrages „ohne Wenn und Aber“, so ver.di-Verhandlungsführer Dieter Seiffert. Über das Ergebnis berichtet «M» in der nächsten Ausgabe.