Leserbrief: Mehr Farbe gefällt – mehr Biss tut Not

Zur M 8 – 9 / 2004

Glückwunsch zum neuen Haus, zum neuen Layout und zu den neuen Möglichkeiten einer noch gründlicheren Information und Diskussion über Aktivitäten in der ver.di.

Mehr Farbe hat Karin Wenk im neu gestalteten Heft 8 – 9/04 von M versprochen – darüber freue ich mich. Den Einfluss von ver.di und aller Gewerkschaften unter dem Dach des DGB auch für die Zukunft zu sichern und die Solidarität der abhängig Beschäftigen zu stärken, erfordert ein noch größeres Engagement aller Mitglieder. Die Teilnahme vieler Gewerkschafter an den Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV stimmt mich optimistisch. Doch DGB-Chef Michael Sommer will weiterhin nicht generell zur Teilnahme aufrufen und lediglich den Dialog zwischen den Gewerkschaften und den Veranstaltern von Demonstrationen fortsetzen. Wen wundert es, dass immer mehr Gewerkschafter ihrer Organisation enttäuscht den Rücken kehren? Insgesamt sind im vorigen Jahr 340.000 Mitglieder ausgetreten und auch die beiden Einzelgewerkschaften ver.di und IG Metall mussten 2003 leicht überdurchschnittliche Verluste um 4,6 und 4,5 Prozent hinnehmen.

… Ja, wie lange wollen sich denn die Gewerkschaften noch zurückhalten? Die soziale Balance ist bereits in großer Gefahr. Das scheint auch Professor Bodo Zeuner vom Otto-Suhr-Institut der FU Berlin – seit Jahrzehnten ein ausgewiesener Experte in Gewerkschaftsfragen – ähnlich zu sehen. Gegenüber Journalisten einer Tageszeitung stellte er fest: „Die Menschen müssen begreifen, dass die Leistungen einer Gewerkschaft nicht von selbst kommen. Sie müssen Druck machen. Gemeinsam und solidarisch. Die Montagsdemos sind deshalb ein richtiger Weg. Eine Gewerkschaft ist nur so stark wie ihre Mitglieder.“

Seit 52 Jahren gewerkschaftlich organisiert, schmerzt es mich, wenn die Springer Presse und andere konservative Medien die Gewerkschaften verhöhnen oder, wie Klarer Fall in Ihrer Kolumne „Hauptsache Skandale und Schicksale“ (M 8 – 9/ 04) nachweist, Aktionen und Initiativen der Gewerkschaft bewusst ausblenden.

Klarer Fall gelangt in Ihrer Kolumne zu dem Schluss: „Eine gute Öffentlichkeitsarbeit fängt mit der richtigen Analyse an.“ Bravo! Am besten, M schlägt sich tapfer in die Bresche, lässt es an Selbstkritik nicht fehlen und macht den Anfang. Es gibt zum Glück noch zahlreiche Printmedien, die nach meiner Überzeugung das Ergebnis auch drucken würden.

 

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