Schwächung der Lokalredaktion

Die WAZ-Lokalsportredaktion in Dortmund soll geschlossen werden

In die Redaktionsstuben der WAZ-Blätter kehrt keine Ruhe ein. Der jüngste Giftpfeil der Geschäftsführung traf die Dortmunder WAZ-Lokalsportredaktion. Sie soll geschlossen werden.

In drei dünnen Sätzen wurde der Betriebsrat am späten Freitagnachmittag, kurz vor dem Abschied ins Wochenende, von der Entscheidung der Geschäftsführung informiert: „Hierdurch möchten wir Sie darüber unterrichten, dass gemäß Geschäftsführerentscheidung die Sportberichterstattung der WAZ-Lokalredaktion Dortmund künftig eingestellt wird. Die davon betroffene Ausgabe wird den entsprechenden Sportteil der WR (,Westfälische Rundschau‘, d.Red.) übernehmen. Über die hieraus resultierenden Einzelmaßnahmen werden wir Sie unverzüglich informieren.“

Eine Vorabinformation des Betriebsrats, wie sie das Betriebsverfassungsgesetz vorschreibt, fand – wie bei WAZens üblich – nicht statt. Die drei von der Schließung betroffenen Sportredakteure wurden zwei Stunden vor dem Betriebsrat informiert. Sie sollen zu einem noch nicht genannten Zeitpunkt in andere Redaktionen versetzt werden.

Der Betriebsrat des WAZ-Verlags ZVR (Zeitungsverlag Ruhrgebiet) ist empört über die Entscheidung. Die Geschäftsführung hat nach Ansicht des Betriebsrates weder Rücksicht auf die publizistische, noch auf die soziale Verantwortung für die drei betroffenen Kollegen genommen. Auch bei den Kolleginnen und Kollegen der WAZ-Lokalredaktion Dortmund, die am Ort hinter der „Ruhr-Nachrichten“ und der „Westfälischen Rundschau“ nur die „dritte Geige“ spielt, herrscht Verunsicherung: „Sind wir als Nächste dran?“ Der Betriebsrat sieht in der Schließung der Sportredaktion eine große Gefahr für den Standort der WAZ-Lokalredaktion Dortmund.

Publizistische Flurbereinigung

Auch kaufmännische Argumente als Begründung für die Redaktionsschließung zielen ins Leere: „Der wirtschaftliche Erfolg der Zeitungsgruppe WAZ ist am Anzeigenaufkommen sichtbar“, so der Betriebsratsvorsitzende Rolf Lautenbach, „speziell in Dortmund ist durch verstärkte Leserkampagnen in den vergangenen Monaten sogar eine Auflagensteigerung zu verzeichnen. Um so weniger ist die von der Geschäftsführung gewollte Schwächung der Lokalredaktion Dortmund in dem wichtigen Teil der Sportberichterstattung nachzuvollziehen, die sich in einem harten Konkurrenzkampf befindet.“

Die Redakteurinnen und Redakteure protestierten mit einer Unterschriftensammlung gegen die Entscheidung ihrer Geschäftsführer Erich Schumann und Bernd Nacke. Auch in einer Betriebsversammlung wurde heftige Kritik geübt. Die Beschäftigten forderten die Geschäftsführung auf, ihre Entscheidung rückgängig zu machen.

Der Landesvorsitzende der Fachgruppe Journalismus/dju in der IG Medien NRW, Peter Schröder-Metz, sieht in der Schließung der Dortmunder WAZ-Sportredaktion „ein weiteres Puzzlestück im Rahmen einer breit angelegten publizistischen Flurbereinigung.“ Erst vor wenigen Monaten hatten die WAZ-Geschäftsführer im Redaktionsbereich der „Westfälischen Rundschau“ (WR) mit der Schließung der Sportredaktion Iserlohn und weiterer Lokalredaktionen gedroht. In der WR-Lokalredaktion Warstein wurde eine Redakteursplanstelle gestrichen. Statt dessen sollen Seiten der ebenfalls zum WAZ-Konzern gehörenden „Westfalenpost“ (WP) in die WR-Ausgabe Warstein übernommen werden. „Auf leisen Sohlen verabschiedet sich der WAZ-Konzern von seinem Prinzip der Inneren Konkurrenz“, befürchtet Peter Schröder-Metz.

Mit Rücksicht auf die Berliner Kartellwächter hatte sich die WAZ-Geschäftsführung bei ihrer „Einkaufstour“ in den 70er-Jahren zur „Sicherung der publizistischen Vielfalt“ selbst dazu verpflichtet, miteinander konkurrierende Redaktionen ihrer Blätter WAZ, „Westfälische Rundschau“, „Westfalenpost“ und „Neue Rhein/Ruhr-Zeitung“ zu erhalten. Lediglich im Anzeigen- und Vertriebsbereich wurden die Geschäfte zusammengelegt.

Die Verunsicherung der Beschäftigten im WAZ-Konzern wächst. Immer noch im Raum steht die angekündigte Ausgründung aller beschäftigten Fotografen in eine eigenständige Fotoagentur – außerhalb des Tarifvertrages für Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen. Neue Bildredakteure werden ohnehin nicht mehr eingestellt. Sie heißen nun „angestellte Bildberichterstatter“ und werden nach dem günstigeren Tarifvertrag für kaufmännische Angestellte vergütet – übrigens zu Unrecht, wie das Dortmunder Arbeitsgericht erst kürzlich in einem Verfahren bei der „Westfälischen Rundschau“ feststellte (siehe Kasten).

Statt weiterer personeller und struktureller Einzelmaßnahmen verlangen die Zeitungsbetriebsräte im WAZ-Konzern endlich Klarheit über den neuen Kurs ihrer Geschäftsführer. Es sei denn, es gibt überhaupt keinen Kurs und das Ziel ist schlicht die Verunsicherung der Beschäftigten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

AfD-Einstufung zwingt Rundfunkgremien zum Handeln

Das zunächst unter Verschluss gehaltene Gutachten des Verfassungsschutzes, welches zur Einstufung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Partei“ führte, wurde nunmehr durch Medien veröffentlicht. Innenminister Dobrindt ließ zunächst offen, inwiefern juristische Schritte gegen die Veröffentlichung geplant seien. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand von ver.di, begrüßt, dass nun öffentlich über das Zustandekommen der Einstufung diskutiert werden kann.
mehr »

RBB: Nach- und Neubesetzungen

Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird es voraussichtlich im Herbst eine neue Leitung der Programmdirektion geben. Es gehe darum, dann die Neubesetzung mit dem eingeleiteten Konsolidierungs- und Reorganisationsprozess aufeinander abzustimmen, erklärte der RBB auf Anfrage. Damit wird es keine schnelle Nachbesetzung der Programmdirektorenstelle geben.
mehr »

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »