Dauerärger um das rechtsradikale „Radio Germania“ im Offenen Kanal Berlin: Wegen des Verdachts auf Volksverhetzung hat die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) ein vorläufiges Sendeverbot für die Programmverantwortlichen beschlossen. Die Rechten wehren sich, der konkrete Nachweis strafbarer Handlungen fällt der MABB schwer.
In einem Eilverfahren hatte das Verwaltungsgericht Berlin den Ausschluss der rechtsextremistischen Hörfunksendung „Radio Germania“ aus dem Offenen Kanal im Berliner Kabelnetz bestätigt. Nach Auffassung der MABB bestand der Verdacht, dass die zuletzt am 29. Oktober 1999 ausgestrahlte Sendung gegen den Medienstaatsvertrag verstoßen hatte. In der Sendung, so die MABB, sei von der indizierten CD „Herrenrasse“ der Band „Macht uns Ehre“ der Song „Sturmsoldat/9. November“ gespielt worden. In der CD-Fassung des Songs heißt es: „Sturmsoldaten jung und alt, nehmt die Waffe in die Hand, der Jude dringt ganz fürchterlich in das deutsche Vaterland“. In derselben Sendung hatte sich der Programmverantwortliche Mike Penkert, abfällig über Ignaz Bubis, den verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats des Juden, geäußert. Laut Staatsvertrag, so argumentierte die MABB, seien Sendungen untersagt, die zum Rassenhass gegen Teile der Bevölkerung aufforderten. Das Programm vom 29. Oktober, so die MABB, erfülle diesen Sachverhalt. Eine ursprünglich für den 23. Dezember 1999 vorgesehene Sendung war daraufhin untersagt worden. Zugleich hatte die MABB dem Verantwortlichen von „Radio Germania“ mitgeteilt, sie prüfe, ihn auf Dauer von der Nutzung des Offenen Kanals auszuschließen. Dagegen war Penkert vor das Verwaltungsgericht gezogen. Das Gericht wies die Klage jedoch ab und bestätigte den vorläufigen Ausschluss von Radio Germania aus dem Offenen Kanal.
Auf der Sitzung des Medienrats Ende Januar fiel noch keine endgültige Entscheidung über das Schicksal des Programms. Es konnte nicht mit Bestimmtheit geklärt werden, ob die inkriminierte Passage der indizierten CD tatsächlich über den Sender gegangen war. „Ein gegen Juden gerichteter Textteil“, so teilte die MABB mit, „war in der konkreten Sendung nicht enthalten“.
MABB-Direktor Hans Hege erklärte auf Anfrage, der Medienrat habe abzuwägen zwischen der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit und der Aufsichtspflicht über strafbare Inhalte wie Volksverhetzung oder Aufstachelung zu Rassenhass. Es komme aber „nicht nur auf ein paar Worte, sondern auf den Gesamtcharakter der Sendung“ an. Das Problem liege überdies nicht allein im Offenen Kanal. „Radio Germania“ habe einen „ziemlich professionell gestalteten Internet-Auftritt“, mit „Links zu anderen problematischen Organisationen“. Der Offene Kanal, so Hege, sei nur die „Spitze eines Eisbergs von Problemen“, für deren Lösung rechtliche Mittel nur begrenzt eine Handhabe böten. Jetzt will die MABB die Jugendschützer um eine Überprüfung des Internet-Auftrittes von Radio Germania bitten.
Die Auseinandersetzung um „Radio Germania“ hat eine lange Vorgeschichte. Bereits im Februar 1997 hatte der Medienrat Penkert nach heftigen öffentlichen Protesten die Sendererlaubnis wegen jugendgefährdender Inhalte für ein Jahr entzogen. Penkert ist beim Berliner Verfassungsschutz aktenkundig. Im Jahresbericht 1998 der Behörde wird der 31-Jährige als „führender Berliner Neonazi“ bezeichnet.