Schweiz: Verbandsklage gegen Verlag abgewiesen

Eine Verbandsklage zur Abtretung von Urheberrechten freier Journalisten gegen eines der größten Verlagshäuser der Schweiz wurde in der ersten Instanz vom Bezirksgerichts Zürich am 21. Dezember 1999 abgewiesen. Die „Musterklage“ der Schweizerischen JournalistInnen-Union SJU (gehört jetzt zur Mediengewerkschaft comedia) gegen die TA-Media AG, Herausgeber unter anderem des „Tages-Anzeigers“, richtete sich gegen die neuen Mitarbeiterverträge des Verlages.

Von allen freien Journalisten verlangte TA-Media Ende 1998 eine weitgehende Abtretung der Urheberrechte. Wer sich weigerte, wurde mit Auftragsentzug bedroht. Bei Verwertung durch einen Drittverlag sollen Freie nur einen Bruchteil des Verkaufserlöses erhalten (50 Prozent minus einer Vermittlungsprovision von bis zu 15 Prozent minus der vollen Sozialversicherungsabzüge). Für den Zweitabdruck innerhalb des Verlagshauses TA-Media sowie für die Nutzung im Internet soll lediglich ein Pauschalzuschlag von 5 Prozent auf das Ersthonorar gezahlt werden. „Fraglich ist, ob es sich insgesamt überhaupt um einen Zuschlag handelt“, sagt comedia-Zentralsekretärin Stephanie Vonarburg. „Dazu hätten ja auch die Honorarbudgets der Redaktionen um 5 Prozent erhöht werden müssen.“ Die Mediengewerkschaft klagte wegen Verletzung des Gesamtarbeitsvertrages (Tarifvertrag). Diese Klage wurde in der ersten Instanz aus „mangelndem Feststellungsinteresse“ abgewiesen, wie das Bezirksgericht Zürich am 17. Januar 2000 mitteilte. Als Hauptgrund wird angeführt, dass der GAV, der die Entschädigung für Zweitnutzungen auf 70 Prozent des Ersthonorars festsetzte, seit 1999 nicht mehr in Kraft ist. „Das Urteil ist unverständlich, denn der Widerspruch zwischen den Mitarbeiterverträgen und dem bis Ende 1998 in Kraft stehenden GAV ist offensichtlich“, sagt Stephanie Vonarburg. comedia prüft nun, wie die Klage trotz formaljuristischer Hindernisse weiterbetrieben werden kann. Das Verlagshaus TA-Media nimmt auch gegenüber den freien Fotografen „eine unrühmliche Vorreiterrolle“ ein. Sie sollen vertraglich alle elektronischen Nutzungsrechte (Internet und Datenbanken) ohne jegliche Entschädigung abtreten. comedia hat ein Forderungspaket zur Internetnutzung entwickelt (siehe http://www.comedia.ch und http://www.freie.ch).

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Grokipedia: Musks Angriff auf die Wahrheit

Einen Monat nach dem Start von Elon Musks Grokipedia wird deutlich: Mithilfe von „Künstlicher Intelligenz" lässt sich im großen Stil „Informationskrieg" führen. Das alternative Online-Lexikon des rechten Milliardärs zielt erklärtermaßen darauf ab, den Stellenwert von Wikipedia zu unterminieren. Dabei geht es heutzutage unter anderem darum, in die Trainingsdaten großer Sprachmodelle (LLMs) einzufließen.
mehr »

Digitale Medien und Gewalt gegen Frauen

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen zeigen sich am 25. November in Deutschland viele öffentliche Gebäude, so auch Gewerkschaftshäuser, in orangem Licht. In unterschiedlichen Aktionen wird die steigende Zahl der Femizide angeprangert und Unterstützung für die Überlebenden sexueller Gewalt eingefordert. Welche Rolle digitale Medien dabei spielen können, war auch ein Thema auf der Tagung Gender, Macht und Mobilität in Tübingen.
mehr »

Faktenbasiert, aufklärend, machtkritisch

Der Journalist Georg Restle ist seit 2012 Leiter und Moderator des Politmagazins Monitor in der ARD. Der studierte Jurist tritt für einen „werteorientierten Journalismus“ ein. Mit M sprach er über Fakenews, Fehlerkultur und journalistische Resilienz.
mehr »