Punktsieg für taz

Die taz hat sich um Informationsfreiheit und Pressevielfalt verdient gemacht: Weil sie den höchsten Bremer Juristen die rote Karte gezeigt hat, wird die taz Bremen bei der Justiz-Pressearbeit künftig nicht mehr gegenüber dem Platzhirsch Weser-Kurier (WK) benachteiligt.


Angefangen hatte der Streit mit einer aufsehenerregenden Verabredung: Fünf Bremer Gerichtspräsidenten, die örtliche Generalstaatsanwältin und der JVA-Chef wollten erstmals gemeinsam gegen „unverantwortliche Personalkürzungen“ des rot-grünen Senats bei der Justiz protestieren. Da hätte es nahegelegen, per Pressekonferenz oder -mitteilung alle örtlichen Redaktionen zu informieren. Doch die Juristinnen und Juristen wandten sich nur an den WK, der damit seine Titelstory hatte.
Während andere Medien wie etwa Radio Bremen die Ungleichbehandlung offenbar klaglos hinnahmen, setzte die taz ihren Anwalt Johannes Eisenberg in Marsch. Der forderte die hohen Juristen dazu auf, innerhalb zweier Tage schriftlich anzuerkennen, dass ihr „Geheimtreffen“ mit dem WK rechtswidrig war.
Die Antwort kam fristgemäß. Ilsemarie Meyer, Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts, entschuldigte sich auch im Namen ihrer Kollegen für den ausgelösten „Unmut“, verteidigte das Vorgehen aber mit „Zeitdruck“: In der Woche nach dem Treffen mit dem WK wollten drei der Gerichtspräsidenten in Urlaub fahren, und danach sollten bald die Etatberatungen beginnen. Ein Pressegespräch für alle Medien „ließ sich in der Kürze der Zeit nicht organisieren“.
Eisenberg fand das „albern“ – und erhob Klage: Nun sollten Verwaltungsrichter feststellen, dass ihre Kollegen rechtswidrig gehandelt hätten. Die „Herr- und Damschaften“, so der wortgewaltige taz-Anwalt in seiner Klage, hätten „während der Dienstzeiten zu Gunsten des Weserkuriers konspiriert“.
Gerichtspräsidenten vor Gericht – das wäre dem Bremer Justizressort als vorgesetzter Behörde wohl doch etwas zu peinlich gewesen. Jedenfalls schaltete sich nun Justiz-Staatsrat Matthias Stauch (SPD) ein. In einer Art Versöhnungsbrief an die taz bestätigte er, dass der behauptete Zeitdruck „den Ausschluss anderer Pressorgane nicht sachgerecht und willkürfrei rechtfertigen konnte“.
Außerdem bat er die verklagten Juristen, künftig die Medien gleich zu behandeln. Und schließlich bot er der taz noch an, ihre Anwaltskosten zu übernehmen – wenn sie ihre Klage zurückzieht. Das hat sie inzwischen getan. Denn auch ohne Prozess hat sie erreicht, was sie wollte. Man muss sich halt nur wehren.

Weitere aktuelle Beiträge

Weniger Demokratie wagen

Mit dem Slogan „Medienvielfalt stärken – Meinungsfreiheit sichern“ ist die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD angetreten.  Keine Koalitionsvereinbarung ohne Bekenntnis zur „flächendeckenden Versorgung mit journalistischen Angeboten“. Aber halt: Hieß es nicht bei der Ampel (und der letzten Merkel-Regierung!) noch „flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“?
mehr »

Von Drehtüren und Seitenwechslern

Seit gestern hat Deutschland eine neue Bundesregierung. Das Personalkarussell dreht sich - sowohl in der Politik als auch in der PR. Einige prominente Namen der künftigen Mannschaft von Bundeskanzler Friedrich Merz kommen aus dem Journalismus. Zu den spektakulärsten Seitenwechseln zählen die Personalien Stefan Kornelius und Wolfram Weimer. Kornelius, seit 2000 in leitender Funktion bei der Süddeutschen Zeitung, zuletzt als Ressortleiter Politik, tritt die Nachfolge von Steffen Hebestreit (SPD) als Regierungssprecher an. Mit Weimer wird gar ein Verleger („Business Punk“) und Publizist („Cicero“) und Ex-Focus-Chefredakteur neuer Staatsminister für Kultur und Medien.
mehr »

Rechtsextreme im Fernsehen

Durch meine Eltern habe ich Anstand und Respekt beigebracht bekommen. Daher missfällt es mir, Menschen nicht anzuhören, nur weil sie eine andere oder unliebsame Meinung vertreten. Das geht mir auch so bei der Frage, ob man Politikerinnen und Politiker der rechtsextremen AfD in TV-Talkshows einladen sollte. Ein grundsätzliches „Nein“ behagt mir nicht. Ein offenes „Ja“ kommt mir allerdings auch nicht über die Lippen, angesichts der AfD-Auftritte gerade im Vorfeld der jüngsten Bundestagswahl. Was also tun?
mehr »

Im Fokus: Justiz und Rechtspopulisten

Ein mildes Urteil ist es tatsächlich geworden: David Bendels, Chefredakteur des AfD-nahen „Deutschland-Kuriers“, ist am Montag vom Amtsgericht Bamberg zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er soll die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit einem Post auf dem Kanal des „Deutschland-Kuriers“ der Plattform X verunglimpft haben. Faeser war mit einem Schild vor dem Körper zu sehen, auf dem steht: „Ich hasse die Meinungsfreiheit.“
mehr »