Position professioneller Werkschaffender muss gestärkt werden
Nach mehr als einer Wahlperiode des Stillstands ist Bewegung, ja geradezu Aufregung, in die urheberrechtlichen Debatten gekommen. Der zuständige Minister Heiko Maas scheint den Auftrag einer Reform des Urheberrechts aus dem Koalitionsvertrag dieses Jahr couragiert angehen zu wollen. Quasi mit „Highspeed“ wurde er noch im Oktober letzten Jahres von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger überholt, der ausrief, bis spätestens 2016 eine urheberrechtliche Regelung auf europäischer Ebene realisieren zu wollen. Während dem nationalen Gesetzgeber die Stärkung der Rechtsposition von Urheberinnen und Urhebern als taugliche Orientierung dient, droht man sich international zu verlaufen. Getrieben durch die Digitalisierung stehen neben den rechtlichen Grundlagen vielerorts auch tarifliche Vereinbarungen auf dem Prüfstand.
Wie alle anderen medialen Bereiche ist auch das Urheberrecht den Herausforderungen des digitalen Wandels ausgesetzt. Konvergenz, Crossmedia und Content-Pools sind Schlagworte, unter denen aktuell viele Veränderungsprozesse angeschoben werden. Die „klassischen“ Anbieter versuchen sich auf die veränderte Medienlandschaft einzustellen. Zwar führen die verschwindenden Grenzen und das geänderte Nutzerverhalten dazu, dass so viel Medienkonsum stattfindet wie nie zuvor. Bisher sind es jedoch nicht die professionellen Kultur- und Medienschaffenden, die von der gestiegenen Nachfrage nach Inhalten profitieren. Für sie führen die Veränderungsprozesse vor allem zu Flexibilisierung, unbezahlter Mehrleistung oder zum Wegfall einträglicher Beschäftigung.
Gesetzgeberische Bemühungen
Die Verschlechterung der Arbeits- und Einkommenssituation professioneller Werkschaffender bleibt auch von der Politik nicht unbemerkt. In Berlin soll Heiko Maas als Minister für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) den Urheberinnen und Urhebern auf Grundlage des Urhebervertragsrechts eine stärkere Ausgangslage für Vergütungsverhandlungen verschaffen. Eine verbindliche Schlichtung bei erfolglosen Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregelungen, eine effektiv ausgestattete Verbandsklage, ein an Bedingungen gekoppelter Rechterückfall und effektive Hindernisse für Buy-out-Klauseln stehen zur Diskussion und sind für die Durchsetzbarkeit der Rechtsposition notwendig. Vorschläge hierzu hat ein Team um Professor Karl-Nikolaus Peifer im Herbst 2014 in Form eines Gesetzesentwurfes veröffentlicht. Dieser gut platzierte „Kölner Entwurf“ dient vielfach als Diskussionsgrundlage. Ergänzungsvorschläge zum sinnvollen Ansatz hat ver.di im Rahmen einer Stellungnahme der Initiative Urheberrecht angebracht (www.urheber.info).
Für die europäische Ebene besteht die berechtigte Hoffnung, dass die dortigen Bemühungen auf eine solide Grundlage gestellt werden und es auf internationaler Ebene gelingt, eine Beteiligung der Urheberinnen und Urheber an den wirtschaftlichen Vorteilen international agierender On- und Offline-Unternehmen zu regeln. Für den ersten Schritt in Richtung eines europäischen Rechtsaktes wurde jedoch mit Julia Reda ausgerechnet die einzige Europaparlamentsabgeordnete der deutschen Piratenpartei mit dem ersten Bericht zur urheberrechtlichen Situation betraut. Dieser lässt die Interessen der Urheberinnen und Urheber beinahe vollständig außen vor, stellt die Interessen der „Nutzer“ in den Mittelpunkt und schlägt somit einen vollkommen falschen Weg ein. Um nach diesem Fehltritt noch auf einen gangbaren Weg zu kommen, forderte ver.di in einer Stellungnahme (www.verdi-fuer-urheber.de) die Urheberinnen und Urheber als Ausgangspunkt der Überlegungen zu nehmen, eine Vergütungspflicht jedweder Nutzung als Regel ausdrücklich zu normieren und sich am kontinentaleuropäischen Urheberrecht zu orientieren.
Gewerkschaftpolitische Herausforderungen
Professionelle Kultur-und Medienschaffende, die zunehmend weniger Aussicht auf dauerhafte Festanstellung haben, müssen national wie international mit einem stabilen Katalog an Rechten ausgestattet werden, der ihnen Vergütungs- und Beteiligungsrechte in effektiv durchsetzbarer Form sichert. Nur wenn die Beschäftigung freier Mitarbeiter mindestens genauso teuer ist wie eine Festanstellung, können die Selbstständigen über ausreichende Finanzmittel verfügen um auskömmlich vorzusorgen. Das Urheberrecht bietet für die wachsende Personengruppe der Freien und unstetig Beschäftigten einen wirksamen Hebel, um – gegebenenfalls auf dem Klageweg – angemessene Vergütungen durchzusetzen. Die Furcht vor derartigen Klagen ist es aktuell, die die Einigungsbereitschaft der Arbeitgeberseite für kollektivrechtliche Vereinbarungen erhöht. So wurde im Ergänzungstarifvertrag Kinofilm eine urheberrechtliche Erfolgsbeteiligung festgehalten. Gemeinsame Vergütungsregeln (GVR), die branchenweite Maßstäbe setzen, gibt es für Journalisten an Tageszeitungen. Gegen die verbreitete Praxis, die vereinbarte Mindestvergütung zu unterschreiten, hat sich jetzt ein freier Journalist erfolgreich zur Wehr gesetzt. Im Februar sprach ihm das Oberlandesgericht Karlsruhe für die Jahre 2009 bis 2011 orientiert am Maßstab der GVR eine Honorarnachzahlung von fast 47.200 Euro zuzüglich Zinsen zu.
In die finanzielle Verantwortung sind neben den „klassischen“ Verwertern auch die neuen Marktteilnehmer zu nehmen. Diese verdienen ihr Geld nicht über Lizenzmodelle, sondern nach dem Prinzip: „wenn du nicht bezahlst, bist du kein Kunde, sondern das Produkt“, über das „Nebenprodukt der Content-Nutzung“, über die Monetarisierung personenbezogener Daten. Noch ist es so, dass die Werkersteller an den Umsätzen des Handels mit Personendaten nicht beteiligt werden. Einen solchen Beteiligungsanspruch könnte am wirksamsten Kommissar Oettinger regeln, bis dahin sollte „Kommissar Rex“ (kollegial betrachtet) besser auf DVD oder als Download gekauft anstatt online (illegal) gestreamt werden.
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Infos dazu auf der ver.di-Website des Bereichs Medien.