Mit einer Klage vor dem Straßburger Amtsgericht will die Verwaltungsspitze von Arte erreichen, dass ver.di untersagt wird, zwei gewerkschaftliche Vertreter für die betrieblichen Gremien des deutsch-französischen Fernsehsenders zu benennen. Dieses Vorgehen steht im krassen Gegensatz zur jahrzehntelang geübten Praxis auf Basis eines grenzüberschreitenden Tarifvertrags von 1994.
Der neue Verwaltungsdirektor von Arte, Emmanuel Suard, begründet sein juristisches Vorgehen damit, dass ver.di keine in Frankreich registrierte Gewerkschaft ist. Dagegen betont ver.di, dass sie Verhandlungs- und Vertragspartner von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen bei Arte ist. Im Tarifvertrag von 1994 wurde ausdrücklich das Recht der Arte-Beschäftigten festgeschrieben, sich in einer Gewerkschaft ihrer Wahl zu organisieren. „Diese bikulturelle Tarif- und Sozialpartnerschaft kann aber nur funktionieren, wenn auch die deutschen Gewerkschaften auf Augenhöhe mit dem französischen Arbeitgeber verhandeln können“, betont Landesfachbereichsleiter Siegfried Heim, der die ver.di-Mitglieder unter den deutschen Arte-Beschäftigten von Stuttgart aus betreut. Er lehnt deshalb auch den von Arte angebotenen Gaststatus bei den nach französischem Recht vorgeschriebenen Sitzungen des Arbeitgebers mit den Gewerkschaften ab. ver.di hat im Sender immer eng mit den französischen Partnergewerkschaften zusammengearbeitet und deshalb bislang darauf verzichtet, mit eigenen Listen zu den Betriebsratswahlen anzutreten.
Wegen der Klageandrohung hat sich ver.di bereits an den Arte-Präsidenten und SWR-Intendanten Peter Boudgoust gewandt und ihn aufgefordert, im Arte-Vorstand darauf hinzuwirken, „dass hinsichtlich der gewerkschaftlichen Vertretung der deutschen Arte-Mitarbeiter auch künftig in bewährter Weise verfahren wird“.
Im Sender selbst wird vermutet, dass Personalchefin Carmen Lebold hinter dem Versuch steht, ver.di juristisch auszubooten. Deutsche Arte-Mitarbeiter bescheinigen ihr allgemein wenig Gespür für die Besonderheiten einer Anstalt, die zwar nach französischem Recht von den binationalen Partnern gegründet wurde, deren Programm aber wesentlich auch von den deutschen Mitarbeiter_innen mit erarbeitet wird. Lebold wird unterstellt, unter anderem auch deshalb gegen ver.di vorzugehen, weil die Gewerkschaft ihren Mitgliedern bei Festanstellungsklagen Auslands-Rechtsschutz gewährt.
Noch keine Einigung
Bei der turnusgemäßen Sitzung der Arte-Geschäftsleitung mit den Gewerkschaftsvertretern am 8. September in Straßburg konnte keine Einigung zu den Gerichtsverfahren erzielt werden. Vereinbart wurde jedoch, über ein Zusatzabkommen zum Tarifvertrag von 1994 zu verhandeln, der ver.di unabhängig von der französischen Rechtslage die Benennung eigener Vertreter im Betrieb ermöglichen würde. Ver.di wird dazu einen Vertragsentwurf vorlegen. In der Sitzung hatten die Delegierten der französischen Gewerkschaften die ver.di-Position ausdrücklich unterstützt.
Aktualisiert am 12.9. 2017