Autokonzern gegen SWR wegen Undercover-Reportage zu Werkverträgen
250 000 Euro. So viel Ordnungsgeld soll der SWR zahlen, wenn er die Undercover-Reportage „Hungerlohn am Fließband“ noch einmal ausstrahlt. Andernfalls droht Ordnungshaft – „zu vollziehen am Intendanten“. Dies will Daimler mit einer Unterlassungsklage erreichen, die Ende Juli vor dem Stuttgarter Landgericht verhandelt wird. Das Argument des Konzerns: Der Journalist Jürgen Rose und sein Team hätten mit den heimlichen Filmaufnahmen gegen das Hausrecht verstoßen. Zudem sei der preisgekrönte Beitrag „manipulativ“. Nicht nur der Sender sieht das ganz anders.
„Daimler verkauft teure Luxusautos, lässt aber für Hungerlöhne arbeiten. Kann das sein?“ Dieser Frage ging der TV-Journalist mit dem erstmals im Mai 2013 ausgestrahlten Beitrag nach. Dafür heuerte Rose als Leiharbeiter an und wurde von der Werkvertragsfirma Preymesser im Mercedes-Werk Untertürkheim ans Band geschickt. Mit Hilfe einer versteckten Kamera belegte er unter anderem, dass Leiharbeiter als Billigkräfte für dieselben Tätigkeiten eingesetzt wurden wie teure Stammbeschäftigte – und dass sie entgegen der Gesetzeslage Anweisungen vom Daimler-Personal erhielten. Mit einem monatlichen Bruttolohn von 1.220 Euro hätte er als Familienvater mit vier Kindern Anspruch auf ergänzendes Arbeitslosengeld II gehabt, rechnete Rose vor.
Die Reportage hatte eine enorme Resonanz. Die Medien berichteten bundesweit. Die IG Metall verlieh Rose und seinem Kollegen Claus Hanischdörfer den Willi-Bleicher-Preis „für die Aufdeckung solcher neuen, extremen Ausbeutungs- und Subventionsverhältnisse in einem Industriekonzern, der nach wie vor seinen Aktionären hohe Dividenden zahlt“. Daimler sah sich gezwungen, die Werkverträge zu überprüfen und teilweise in Leiharbeitsverhältnisse mit dem Unternehmen selbst umzuwandeln.
Mehr Informationen
www.willi-bleicher-preis.de/2013/preistraeger.html
Prozesstermin Daimler gegen SWR wegen Unterlassung:
31. Juli 2014, 14 Uhr,
Saal 155,
Landgericht Stuttgart,
Urbanstraße 20