Ihrer Forderung nach guten Arbeitsbedingungen und regelmäßigen Gehaltserhöhungen Nachdruck verliehen haben heute in Berlin 140 Beschäftigte des Tagesspiegels (TSP) mit einer aktiven Mittagspause. Die Gewerkschaften hatten die Geschäftsführung von Verlag und ausgegliederter Vermarktungsabteilung Mitte November zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Die TSP-Chefs vertrösteten jedoch auf das kommende Jahr. ver.di spricht von einer Verschleppungstaktik.
Bereits im August, berichtet der zuständige Gewerkschaftssekretär von ver.di Berlin-Brandenburg Jörg Reichel, habe man das Anliegen der Beschäftigten im Betrieb öffentlich gemacht. Beide Unternehmen, die Tagesspiegel GmbH mit 502 Beschäftigten sowie die Tagesspiegel Marketing Service GmbH (TMS) mit 45 Beschäftigten sind bisher tariflos. Lediglich für die Angestellten (nicht für die Redakteur*innen) gibt es seit 2015 einen Tarifvertrag über eine Jahresleistung und Urlaubsgeld. Die Gehälter der TMS-Beschäftigten bewegten sich in der Regel sogar nur auf dem Niveau des Mindestlohns, sagt Reichel.
Mittlerweile, weiß der Gewerkschaftssekretär auch zu berichten, hätten sich bereits 200 Beschäftigte gewerkschaftlich organisiert, 120 davon bei ver.di. Gestartet sei man im August zu Beginn der Tarifkampagne mit 85 Gewerkschaftsmitgliedern. „Das zeigt: Uns ist es ernst mit dem Tarifvertrag und die Beschäftigten sind bereit, das auch deutlich einzufordern“, so Reichel.
Die Gewerkschaften fordern die Anwendung des Mantel- und Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen, einen Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen, einen Tarifvertrag über das Redaktionsvolontariat an Tageszeitungen und für die Angestellten den Mantel- und Gehaltstarifvertrag für die kaufmännischen Angestellten in den Verlagen von Tageszeitungen im Land Nordrhein-Westfalen. Warum NRW? „Wegen des besseren Eingruppierungsschemas“, erklärt Reichel.
Die Aufforderung zu Tarifverhandlungen Mitte November beantwortete die Geschäftsführung mit einem Gesprächsangebot erst im zweiten Quartal 2020. Grund dafür sei die schlechte wirtschaftliche Lage: „Von unseren Gesellschaftern sind wir aufgrund der aktuellen Zahlenlage aufgefordert worden, einen konsequenten Sparkurs in den nächsten Monaten einzuschlagen, um das Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich zu machen.“
Reichel dagegen wirft dem Arbeitgeber eine Verschleppungstaktik vor. „Die Geschäftsführung spielt auf Zeit und will die Angelegenheit anscheinend aussitzen.“ Sollte der Arbeitgeber nun weiter auf Durchzug schalten, werde man im nächsten Schritt zu befristeten Warnstreiks aufrufen, kündigte der Gewerkschaftssekretär an.
Update vom 13. Dezember 2019: Offenbar hat die Aktion der Beschäftigten für ihre Forderung nach einem Tarifvertrag Wirkung gezeigt. Nach der aktiven Mittagspause hat der Arbeitgeber den Gewerkschaften ein Gespräch am 23. Januar 2020 angeboten.