Ein Urheberrecht für zeitgemäße Vergütung

Justitia Foto: Hermann Haubrich

Eine Kontroverse um das Auskunftsrecht im Gesetzentwurf zur Umsetzung der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie in Deutschland hat eine Stellungnahme von ARD, ZDF und dem Verband Privater Medien e.V. (VAUNET) ausgelöst. ver.di sieht darin eine „Verbreitung von unsachlichen und irreführenden Behauptungen“. Damit werde versucht, „zu Lasten der Urheber*innen wirksame Vergütungsverbesserungen bei der Online-Verwertung zu verhindern“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz.

In der gemeinsamen Presseerklärung der Intendanten des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der privaten Medienunternehmer heißt es: Der Gesetzentwurf enthalte „rechtlich bedenkliche proaktive und rückwirkende Berichtspflichten für Sender, Produzenten und Verwerter gegenüber einer unüberschaubaren Vielzahl an Mitwirkenden an Audio- und audiovisuellen Inhalten. Sie führen zu immensem bürokratischem Aufwand mit hohen Mehrkosten, die in keinem Verhältnis zu möglichen Vorteilen für diese Mitwirkenden stehen. Im Gegenteil: Wenn Kosten in Administration fließen, können sie nicht mehr in Inhalte investiert werden.“ Der Referentenentwurf verkenne die wirtschaftlichen Realitäten und ignoriere die erheblichen Kosten für die Rechteinhaber und Kreativwirtschaft.

ver.di hat sich gegen diese Darstellung heute mit einem Positionspapier (das der Redaktion vorliegt), an die Rundfunkräte der ARD, den Hörfunkrat des Deutschlandradios und den Fernsehrat des ZDF gewandt und erneut betont, dass bei der Umsetzung der EU-Richtlinie „dringend Verbesserungen zugunsten der Urheber*innen notwendig“ seien. „Die derzeitigen Zuschläge bei öffentlich-rechtlichen Sendern auf die Vergütungen bei der Verwertung in eigenen Abruf- und Onlinediensten stammen aus dem Jahr 2003 und sind durch die technischen Möglichkeiten der Mehrfachverwertung materiell völlig überholt“, argumentiert die Gewerkschaft in einer aktuellen Medieninformation. „Zeitgemäße Anpassungen der Online-Zuschläge haben ARD, ZDF, Deutschlandradio bis heute verweigert, aber zeitgleich trimediale Medienkonzepte, Social-Media-Kanäle, mobile Mediennutzungen und Mediatheken entwickelt und aufgebaut. Zusätzlich sind Kooperationen mit kommerziellen Online-Diensten vereinbart. Urheber*innen werden nur bruchteilhafte Informationen über diese Verwertungen ihres geistigen Eigentums erhalten“, sagt Schmitz. „Was wir in Deutschland dringend brauchen, sind Verbesserungen bezogen auf Transparenz und Durchsetzbarkeit der Rechte von Urheber*innen und Interpret*innen. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten leben von der Kreativität der Medienschaffenden. Allein das ist Grund genug, eine zeitgemäße Honorierung ihrer Leistungen zu akzeptieren“, sagte Christoph Schmitz.

Der Bundesverband Regie (BVR), der Verband Deutscher Drehbuchautoren (VDD), die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AGDOK), der Bundesverband Kinematographie (BVK), der Bundesverband Filmschnitt (BFS) und der Verband der Szenen- und Kostümbildner (VSK) hatten ebenfalls mit einer gemeinsamen Presseerklärung direkt auf die Verlautbarung des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks und des VANET reagiert. „Fest steht: ohne proaktive und transparente Auskunft – auch entlang der Lizenzketten – gibt es keine angemessene Vergütung. Öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern, SVOD-Anbietern, Kinobetreibern, Filmverleihern und Produzenten ist eines gleich: Ihre Akzeptanz bzw. ihr wirtschaftlicher Erfolg ist abhängig von der kreativen Leistung der Urheber. Ein funktionierendes wirtschaftliches Ökosystem im Bereich Film und Fernsehen muss schon allein daher auf Ausgleich setzen und hierbei besonders auch die Position der wirtschaftlich Schwächeren im Blick haben“, schreiben sie. „Transparenz ist möglich und EU-rechtlich zwingend“.

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Quartalsbericht zur Branche liegt vor

Einen detaillierten Blick auf das Geschehen in der Medienbranche wirft der jetzt wieder vorliegende Quartalsbericht. Er speist sich aus den Auswertung von Internetseiten, Zeitungen, Fachzeitschriften, Informationsdiensten, Verbands- und Unternehmenspublikationen. Ein Merkmal des ersten Monate dieses Jahres: Viele Übernahmen und eine Werbekonjunktur. 
mehr »

Buchtipp: Sprache des Kapitalismus

Über gendersensible Sprache läuft schon seit Jahren eine hochemotionale Debatte. In Bayerns Schulen, Hochschulen und Behörden gilt seit dem 1. April sogar ein Genderverbot. Über Begrifflichkeiten wie „steigende Preise“ oder Finanzkrisen, die wie ein „Tsunami“ über uns kommen, wird dagegen weniger gestritten. Sie beherrschen längst unser Denken und Sprechen, sind in unseren Alltag eingedrungen. Wer in diesem Wirtschaftssystem sozialisiert wurde, nutzt sie automatisch, ohne weiter darüber nachzudenken.
mehr »

Von Erbsensuppe und neuen Geschichten

„Vielfalt schützen, Freiheit sichern – 40 Jahre duale Medienordnung im föderalen Deutschland“. Dies war das Thema des Symposiums, das am 23.  April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Ausrichter war die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).  Teilnehmer waren Verantwortliche aus Medienpolitik und -wissenschaft, Rundfunkregulierung und Medienunternehmen.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »