Tariflicher Zuschlag gehört obendrauf

Foto: 123rf

Onlinezuschläge können laut tarifvertraglichen Regelungen beim Bayerischen Rundfunk nicht in Tagessätze für die Honorierung von TV-und Hörfunkbeiträge eingepreist werden, sondern sind zusätzlich zu zahlen. Das besagt ein Urteil des Arbeitsgerichts München, mit dem ein arbeitnehmerähnlicher Freier vom Sender jetzt mit ver.di-Rechtsschutz eine Nachzahlung für zwei Jahre erstritt.

Der Kollege fertigt für den Bayerischen Rundfunkt überwiegend Fernseh-, aber auch Rundfunkbeiträge. Das tut er sowohl auf Basis von Werkverträgen als auch im Rahmen von Redaktionsdiensten. Während ihm in den vergangenen Jahren für Beiträge, die auf Werkvertragsbasis hergestellt wurden, regelmäßig ein tariflicher Onlinezuschlag zum Honorar gezahlt wurde, unterblieb das bei Beiträgen, die innerhalb von Redaktionsdiensten entstanden. Der Sender begründete das damit, dass die Onlinevergütung hier „mit den pauschalierten Tagessätzen bereits ausbezahlt“ sei. Die Tagessätze seien so kalkuliert worden, dass sie die Onlinenutzung bereits einschlössen.

Mit Blick auf die Tarifverträge überzeugte das den Freien nicht. Zudem sei ihm bei Verhandlungen über Tagessätze niemals mitgeteilt worden, dass Onlinezuschläge bereits enthalten sein sollten. Eine „Vermischung“ der einzelnen Vergütungen hätten die Tarifpartner nicht vereinbart, bekräftigt ver.di-Rechtssekretärin Claudia Scheck, die den Kollegen vor Gericht vertrat: „Der geltende Tarifvertrag enthält auch keine diesbezügliche Öffnungsklausel.“

Die im Vorjahr eingereichte Klage des Journalisten lautete demzufolge auf Nachzahlung der Onlinezuschläge für seine in den Jahren 2018 und 2019 im Rahmen von Redaktionsdienst gelieferten Beiträge, die auch im Netz genutzt wurden – insgesamt ein höherer dreistelliger Betrag.

Die Kammer des Münchener Arbeitsgericht folgte der Argumentation, dass dem Kläger der Onlinezuschlag auch für während der Redaktionsdienste gefertigten Beiträge zustehe. Sie bezog sich dabei auf den Tarifvertrag über die Urheberrechte arbeitnehmerähnlicher Personen des Bayerischen Rundfunks, der für Onlinenutzung zusätzlich eine Vergütung von 4,5 Prozent der Erstvergütung vorsieht. Eine eventuelle Einbeziehung des Onlinezuschlages in einen pauschalen Tagessatz sei dagegen „nicht tarifkonform“, heißt es im schriftlichen Urteil. Betont wird dort auch, dass eine unterschiedliche Behandlung von Beiträgen aus Werkverträgen oder Redaktionsdiensten „tarifvertraglich nicht gerechtfertigt“ ist. Die Leistungen erfüllten „unstreitig von der Aufgabenstellung her identische Anforderungen“, was von den Tarifvertragsparteien auch so intendiert sei.

Das Gericht sprach der Verhandlung im November 2020 dem Journalisten die geforderten Nachzahlungen samt Zinsen zu (Az 15 Ca 4958/290). Der Bayerische Rundfunk hat dagegen jetzt Berufung eingelegt. Dennoch, darauf weist ver.di-Rechtssekretärin Claudia Scheck hin, können auch andere Betroffene Nachforderungen auf Onlinezuschlag stellen. „Die Forderungen unterliegen der allgemeinen Verjährung von drei Jahren.“


Weniger Honorar im NDR

Aufgrund ausbleibender Beitragserhöhungen weigerte sich der NDR, die tarifvertraglich vereinbarte Gehalts- und Honorarerhöhung für Feste und Freie im Frühjahr auszuzahlen. Nach erneuten Verhandlungen gab es einen Kompromiss. Über das Wie und Warum sprechen wir mit Björn Siebke, Gewerkschaftssekretär bei ver.di, einst selbst Freier beim NDR.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von SoundCloud. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Weitere aktuelle Beiträge

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Filmtipp: Mädchen können kein Fußball spielen

Der sehenswerte Dokumentarfilm von Grimme-Preisträger Torsten Körner („Schwarze Adler“) ist eine Hommage an die Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs. Körner hat bereits ein ausgezeichnetes Buch über das Thema geschrieben („Wir waren Heldinnen“). Der Film erzählt die Geschichte mit Hilfe von Zeitzeuginnen und vielen zeitgenössischen TV- und Wochenschau-Ausschnitten von den Anfängen in den 50ern bis zur siegreichen Heim-EM 1989.
mehr »

ARD schützt ihre Inhalte vor KI

Die ARD hat ihren Umgang mit Anbietern von KI geändert. Seit Ende Mai dürfen Unternehmen wie etwa Open AI, Perplexity oder Google (Gemini) Inhalte aus den Online-Angeboten der ARD nicht mehr nutzen, um damit ihre KI-Systeme zu trainieren. Das bestätigte der Senderverbund auf Nachfrage. Die ARD hat nun in ihre Webseiten einen sogenannten maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt technisch eingebaut. Damit wird KI-Crawlern signalisiert, dass sie die Inhalte dieser Angebote nicht verwenden dürfen.
mehr »

Internet: Journalismus unter Druck

Angesichts der Vielzahl von Beiträgen zum 30-jährigen Jubiläum des Internets arbeitet der Journalist Jann-Luca Künßberg in einem Gastbeitrag für Netzpolitik.org heraus, wie umfangreich die Online-Welt Journalismus selbst verändert hat. Enorm schnell, so Künßberg, habe der Geschäftsgedanke die Vision eines digitalen Versammlungsorts beiseitegeschoben.
mehr »