Drastische Reaktion auf Umsatzeinbußen

Weltbild-Filialkette entlässt 20 Prozent des Personals

Bei der Verlagsgruppe Weltbild – in den vergangenen Monaten wegen auf Eis gelegter Verkaufsabsichten, dem Abstoßen des Zeitschriftensegments und erklärten „Restrukturierungen“ in den Schlagzeilen – wird es immer schwieriger, per Unternehmensgrundsatz „christliche Weltanschauung mit den Erfordernissen des Marktes überzeugend in Einklang zu bringen“. Die „innovative Kraft im Buch- und Medienhandel“ mit Filialen, Versand- und Online-Buchhandel und europaweit 7.400 Mitarbeitern, die im letzten Geschäftsjahr bis Mitte 2008 rund 1,94 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaftete, kämpft mit Umsatzeinbußen. „Allein im Kataloggeschäft gibt es offenbar ein Minus von zehn Prozent“, hatte Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz schon im Februar dem Börsenblatt berichtet. Die Konzentration auf das „Kerngeschäft“ werde laut Management aktuell mit der Fusion von „klassischem Versand- und Onlinehandel zu einem neuen Geschäftsmodell“ vorangetrieben. Organisation und sämtliche Abläufe stünden intern auf dem Prüfstand.
Im Augsburger Stammhaus konnte für die Beschäftigten ein Sozialplan abgeschlossen werden. In den vergangenen fünf Monaten, so die stellv. Betriebsratsvorsitzende Visnja Bernhard, gab es 17 betriebsbedingte Kündigungen im Produktionsbereich sowie sieben Entlassungen in der Abteilung Sammlereditionen und zwei weitere in der Buchherstellung. Darüber hinaus mussten Beschäftigte Versetzungen und Abgruppierungen hinnehmen: „Die Durchleuchtung nach Sparpotenzial geht weiter.“ Lediglich Neue Medien und der IT-Bereich sind dem Vernehmen nach ausgenommen.
Radikaler das Vorgehen im stationären Buchhandelsgeschäft: Bei Weltbild Plus – einer Tochter der im Joint Venture mit Hugendubel gegründeten Münchener DBH Buch Handels GmbH & CO. KG, die bundesweit 258 Filialen mit 1571 Stellen betreibt – soll das Personal um 20 Prozent reduziert werden. 322 Stellen entfallen. Der Personalabbau erfolge „unter bestmöglicher Berücksichtigung der persönlichen Umstände und wird durch freiwillige Abfindungszahlen sozial abgefedert“, hieß es aus der betriebsratslosen Weltbild Plus Medienvertriebs GmbH, die offenbar schon länger rote Zahlen schreibt.
Auch mit drastischen Stundenkürzungen für Vollzeitkräfte will man auf Umsatzverlagerungen ins Internet reagieren und ein stärker „selbstbedienungsorientiertes Konzept“ der Läden durchsetzen. ver.di sagt fachbereichsübergreifend den Kampf an. Gemeinsame Streikaktionen mit Druckbereich und Einzelhandel gab es Ende Mai in Augsburg. Protestiert wurde dort auch gegen die Arbeitgeberblockade bei den Entgelt- und Manteltarifverhandlungen im bayerischen Buchhandel.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Inhalte brauchen Moderation

Theresa Lehmann ist Tiktok-Expertin bei der Amadeu Antonio Stiftung. Sie leitete das Modellprojekt pre:bunk, das zum Ziel hatte, Jugendliche mit Videoformaten zu Desinformation auf TikTok zu sensibilisieren. Mit M sprach sie über Regulierung, Verbote und Gefahren von Social Media.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Digitale Mobilität als Machtfaktor

Smartphone, Social Media und Plattformen – wie werden Menschen durch mobile, vernetzte Medientechnologien sichtbar, und wer oder was bleibt unsichtbar? Welche Rolle spielen dabei Geschlechter- und Machtverhältnisse? Über diese Fragen diskutierten Medienforscher*innen  auf der Tagung „Bilder in Bewegung, mit Bildern bewegen: Gender, Macht und Mobilität“ in Tübingen.
mehr »